After Corona: Das Versprechen!

Die Corona-Krise, so schreibt der Bloggerkollege Rainer Hörmann, erinnert daran,

wie sehr die (mediale wie theoretische) Fokussierung von homosexuellem, von queerem Leben auf politischen Aktivismus vergessen macht, dass es noch eine Basis, einen Alltag gibt, ein soziales Miteinander. Dieser Aspekt der Community ist in den letzten Jahren ignoriert, belächelt und zum Teil bewusst negiert worden, um haarspalterische Debatten in die Welt zu setzen, mit denen sich Einzelne Weihen in ihren jeweiligen Blasenwelten erhofften. So existenziell wichtig der politische Kampf gegen Diskriminierung, für gleiche Rechte und Teilhabe ist und auch bleiben wird, so existenziell wichtig ist auch, dass die Grundlagen der Community wieder in den Blick geraten.

Das sehe ich ganz genau so.

Hörmann fordert Anteilnahme, Rücksichtnahme und Unterstützung:

Nicht nur die wirtschaftlichen Folgen werden uns noch beschäftigen, wenn die Virus-Krise abgeklungen ist, auch die sozialen, die seelischen: die Fragen nach den Strukturen der lokalen Community, nach Einsamkeit in der unentwegt propagierten Vielfalt, nach Zusammenhalt und ehrlichem Für-einander-Dasein jenseits der privaten Zweierbeziehung.

Ein Großteil dieser lokalen Strukturen, der Hilfsangebote, der Gruppen, Bars, Clubs, Veranstaltungen, Theater, kleinen Ensembles und Bühnen, werden nur durch das außergewöhnliche Engagement ihrer Betreiber*innen und Teams am Leben gehalten. Viele von ihnen sind sowieso von der Schließung bedroht, etwa durch die veränderten Ausgehgewohnheiten oder durch steigende Mieten.

Das letzte, was diesen Orten, Gruppen und Institutionen jetzt passieren darf, ist das, was ihnen jetzt gerade durch die Corona-Krise passiert. Durch die angeordnete Schließung, wie sie in Berlin jetzt verfügt wurde, aber auch durch den drastischen Besucherrückgang, der sowieso schon eingesetzt hatte,  werden sie noch akuter in ihrer Existenz bedroht.

In dieser Krise muss die Community zeigen, dass sie das wirklich ist: Community, also Gemeinschaft, ein Verbund, der bereit ist für Gemeinsames Verantwortung zu übernehmen. Lasst uns deswegen ein Versprechen abgeben, ein Versprechen an uns, an die Community. Lasst uns  diese Krise zum Anlass nehmen, diese Strukturen zu stärken. Und lasst uns das konkret machen. Wenn Ihr Euch es irgendwie leisten könnt:

– Verlangt das Ticket-Geld nicht zurück, das Euch zusteht für Veranstaltungen, die abgesagt oder verschoben werden. Seht es als Spende.

– Nutzt das Geld, das Ihr jetzt durch Kneipen-, Club-, Veranstaltungsbesuche spart nicht für irgendwelchen unnützen Mist. Vielleicht „spart“ ihr es wirklich auf und tragt es nachher, also „After Corona“ dort hin, wo Ihr es sonst gelassen hättet. Macht Euch bewusst, dass es Geld ist, dass jetzt in all diesen Institutionen fehlt, Geld, mit dem gerechnet wurde, Geld, das Orte, die Ihr liebt, benötigen, um zu überleben.

Lasst uns nach der Corona-Flaute einen After-Corona-Aufschwung kreieren.  Lasst uns dann öfter an die Orte gehen, die für uns gemacht wurden. An die, die wir kennen, aber auch an die, die wir bisher ignoriert haben. Diese Plätze wird es nur weiterhin geben, wenn wir sie zu unseren Plätzen machen. Seid neugierig, was es noch alles gibt. Genießt die Vielfalt der Community, auch, damit diese Vielfalt erhalten bleibt. Lasst uns jetzt, am Anfang des Shutdowns, schon verabreden, dass wir am Ende dort gemeinsam neues Leben entfachen werden. Lasst uns gegenseitig sagen, dass wir verabredet sind.

– Und vielleicht ist der erzwungene Verzicht auf diese Strukturen ja auch der richtige Zeitpunkt einmal darüber nachzudenken, wie wir mit einem kleinen Beitrag Großes bewirken können. Wenn jeder nur einmal im Monat im Gegenwert eines Milchkaffees an eine Community-Organisation spenden würde, oder eine Mitgliedschaft abschließen würde, würde es ihnen, würde es uns allen so viel besser gehen: Dann wären wir als Community so viel stärker und unabhängiger.

Ein konkretes Beispiel: Wenn nur jeder einen Euro für den CSD spenden würde, den er besucht, dann bräuchte dieser CSD keine Sponsoren. Dann könnte dieser CSD so viel mehr organisieren an politischem Druck, an Sichtbarkeit für alle Teile der Community, an Förderung und Hilfe. Ein Euro! Das müsste doch zu machen sein. Ja, jeder von uns weiß, das sogar noch viel mehr zu machen ist. Ja, der Gegenwert des Milchkaffees im Monat, ich finde, der sollte es schon sein. Bitte erkundigt Euch, wer eine solche Hilfe braucht. Ich bin sicher, dass Eure Facebook-Chronik da den ein oder anderen Tipp bereithält.

Wir können uns selber helfen. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, die Community zu stärken.


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