Floskeln statt Rechte im Koalitionsvertrag? Jetzt hilft nur noch Druck!

…. Zudem wollen beide Seiten bei der Gleichstellung von homosexuellen Lebenspartnern mit Ehepaaren einer Konfrontation aus dem Weg gehen. Sie verständigten sich auf eine Formulierung zu dieser bislang hoch strittigen Frage: Bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften soll demnach „darauf hingewirkt“ werden, „dass bestehende Diskriminierungen in allen gesellschaftlichen Bereichen beendet werden“, verlautetet nach der Sitzung der AG aus Verhandlungskreisen.

welt.de 08.11.2013

Unsere Gegner haben sie oft beschworen, die sogenannte „schwule“ Lobby (die Lesben sind damit natürlich mit gemeint), die die Medien und die Politik so stark beeinflusst, dass man kaum noch offen seine Meinung sagen darf. Die Lobby, die so mächtig ist, dass eherne Werte durch sie zu Fall gebracht werden.

Diese Lobby ist ein Gespenst. Es gibt sie nicht. Sie dient nur dazu, Angst zu machen vor uns und dazu, auf uns draufhauen zu dürfen. Es geschieht ja aus Notwehr.

Es ist viel auf uns drauf gehauen worden in diesem Jahr. Doch ausser dem Bundesverfassungsgericht sind Politik und Medien immer einen Schritt zur Seite gesprungen, wenn es zur Sache ging.

Die überraschte Gesicht von Angela Merkel in der „Wahlarena“, als sie auf ihre Position zur „Homo-Ehe“ angesprochen wurde, macht deutlich, wie sehr ihre politischen Gegner und die Medien sie mit diesem Thema im Wahlkampf verschont haben.

Als in Berlin eine völlig neue Bewegung die beeindruckende Demonstration „Enough is Enough“ gegen die russische Homo-Apartheitspolitik auf die Beine stellte, war das, wenn überhaupt, ein Thema für die Regionalnachrichten.

Als Thomas Bach zum neuen IOC-Präsidenten gewählt wurde, sank die Bereitschaft fast aller deutschen Medien gegen Null, das Olympische Komitee für seine skandalöse Anti-Homopolitik zur Rede zur stellen.

Und jetzt sind Koalitionsverhandlungen. Ich war bisher (und bin es auch noch ein bisschen) relativ optimistisch aber jetzt sieht es so aus, dass es wirklich bitter werden kann. Fast alle gesellschaftlichen Gruppen konnten ihre Interessen weit nach vorne bringen, sogar beim Ausländergesetz scheint sich richtig was zu bewegen. Nur bei uns tut sich nichts.

Machen wir uns nichts vor! Wir stehen völlig nackt da. Der Grund ist ganz einfach:

Wir haben keinerlei Druckpotential, keine Interessenvertretung, die unsere Macht bündeln kann, keine Protestform, die wirklich Eindruck macht.

Das muss sich ändern. Auch auf die Gefahr, dass man dann wirklich Angst vor uns hat: Jetzt müssen wir Druck aufbauen. Jetzt müssen wir drohen, vielleicht auch laut werden und wütend. Die „netten Homos“, damit kommen wir nicht weiter. Keine Minderheit kam damit weiter.

Wir haben nicht viel in den Händen. Noch haben die Sozialdemokraten uns nicht verraten. Aber wir müssen ihnen klar machen, was passieren wird, wenn sie es tun. Auch wenn es etwas ungerecht ist, auch wenn viel mehr als die SPD die Union diesen Druck verdient hätte: Darauf können wir keine Rücksicht nehmen.

Wir müssen Druck ausüben auf jedes einzelne SPD-Mitglied: Einen Koalitionsvertrag, der uns mit einer Floskel abspeist, darf es nicht geben.

Wir haben nicht viel in den Händen. Aber wir müssen es trotzdem tun. Jeder von uns mit dem, was er kann. Es wird Zeit zu zeigen: Es geht auch anders. Es wird Zeit, uns einzugestehen, dass es nicht wichtig ist, ob die Heteros uns mögen. Sondern dass sie uns ernst nehmen!

 

2 Gedanken zu „Floskeln statt Rechte im Koalitionsvertrag? Jetzt hilft nur noch Druck!

  1. Immer wieder kommen wir in den letzte Wochen mit all ihren Erfahrungen auf einen Punkt zurück: was wir brauchen ist eine Partei übergreifende schlagkräftige Homo-Lobby … einen Verbund von entschlossenen und klugen Menschen, denen klar ist: „Auch auf die Gefahr, dass man dann wirklich Angst vor uns hat: Jetzt müssen wir Druck aufbauen. Jetzt müssen wir drohen, vielleicht auch laut werden und wütend. Die “netten Homos”, damit kommen wir nicht weiter. Keine Minderheit kam damit weiter.“ Danke, Johannes!

  2. Vollkommen richtig! Wir müssen Druck machen und aufzeigen, dass wir wohl derzeit die einzige Minderheit sind, die aua Gesetz diskriminiert wird: Es geht voran bei der Gleichstellung der Frauen und auch bei der dringend notwendigen Integration der Menschen, die nach Deutschland kommen, macht die Gesellschaft Fortschritte. Gegenüber behinderten Menschen erscheint uns gar schon das Wort ‚Integration‘ als Diskriminierung und wir sprechen deshalb von ‚Inklusive‘, weil sie selbstverständlich und mit gleichen Rechten zu uns gehören! Nur beim Thema Homosexualität hört es auf mit dem Kampf gegen die ungerechte Zurücksetzung. Da könnten wir wieder eine Regierung bekommen, die sich mit butterweichen Formulierungen aus der Verantwortung zieht! Wie will man den Diskriminierung in der Gesellschaft abbauen, wenn selbst der Gesetzgeber diskriminiert? Das fragt auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes!
    Ja, wir sollten der SPD noch die Chance geben, unsere Situation zu verstehen und sie davor bewahren, sich in die gleiche Rolle zu begeben, die die FDP in den letzten Jahren innehatte: Große Reden vor dem Plenarsaal und bei der Abstimmung im Parlament sich von der Diskriminiererpartei Union erpressen lassen! – Das geht nicht!

    Druck auf jedes einzelne SPD-Mitglied? Gut und richtig! Mir aber muss man keinen Druck machen. Wenn die SPD diesen Weg geht und unsere Rechte quasi als zweitrangig über Bord wirft, dann war es das für mich mit der Mitgliedschaft und der Wahlentscheidung für die SPD! Definitiv! Dann darf man gerne landauf und landab sagen und schreiben: „Wer hat uns verraten: …“

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.