Die „heute show“ verdient den queeren Medienpreis! Aber davon müssen wir die Macher der Sendung noch überzeugen!

Gerade in diesen Wochen, in denen in den Medien alte homophobe Erzähl- und Erklärmuster wieder aufflackern und neue etabliert werden, wünschte man sich einen ganz besonderen Medienpreis.

Einen Preis, der Medienformate auszeichnet, die es schaffen, solche Muster zu entlarven und eigene dagegen zu setzen, die so clever und gut gemacht sind, dass sie auch für andere Medienmacher Inspiration und Ermutigung sein können.
Im besten Falle würde ein solcher Preis Medienmacher herausstellen, die trotz ihrer angemessenen (weil differenzierten Behandlung von Homo-Themen) ein grosses Publikum erreichen. Weil sie es schaffen, sowohl aufzuklären als auch zu unterhalten, und weil sie mit Konventionen brechen und positiv überraschen.

Ein solcher Preis wäre nicht nur “nice to have”. Er könnte ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Homophonie in Medien und Gesellschaft sein. Aber auch Hilfestellung und Orientierung, er könnte Debatten auslösen darüber, wie Homosexualität in den Medien stattfinden könnte, sollte, müsste.

Das Problem ist: Einen solchen Preis gibt es schon.
Zumindest theoretisch. Denn der Felix Rexhausen Preis, der alljährlich vom Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSJ) vergeben wird, und der “besonderes publizistisches Engagement bei der Berichterstattung über Lesben, Schwule und Bisexuelle” würdigen soll, bemüht sich um größtmögliche Irrelevanz.

Im letzten Jahr wurde er nachmittags auf einer der vielen Bühnen des Hamburger CSDs vergeben. Ausser den in die Preisverleihung direkt involvierten Personen gab es quasi kein Publikum. Selbst die wenigen, die sich auf und vor der Bühne scharten, konnten keinen Eindruck des prämierten Arte TV-Beitrages gewinnen.  Dass der geehrte Regisseur Claus Bredenbrock nicht anwesend war, war zwar suboptimal, aber noch nicht so schlimm. Dass aber noch nicht einmal Ausschnitt der geehrten Sendung gezeigt werden konnte, war dann doch ein für einen Medienpreis sehr verstörendes Zeichen.

Nun kann und wird mal wohl natürlich sagen, es fehlt wie überall an Geld und deswegen ist eine sinnvolle Preisverleihungsprozedur leider nicht möglich. Schliesslich hängt die Signalwirkung eines Preises nicht notwendigerweise vom Gelingen eines Award-Events ob, sondern lässt sich auch daran bemessen, ob und wie er eine Medienöffentlichkeit erreichen kann.

Aber auch dort, also in den Medien war von der Preisverleihung quasi nichts zu lesen (was dafür, dass ein Journalistenverband der Ausrichter ist, schon eine besonders bemerkenswerte Geheimhaltungsleistung bedeutet).
Ob die Juryentscheidung im Sinne des Qualitätsanspruchs der Ausschreibung gerechtfertigt ist, kann ich, wie vermutlich fast alle anderen Teilnehmer der Preisübergabe, nicht beurteilen. Aber ich gehe mal davon aus. (Jurybegündrundung: „Ein historisches Thema, von Anfang bis Ende spannend erzählt. So müssen Geschichtsdokumentationen sein!“).

Und natürlich erscheint es honorig, wenn eine offensichtlich gelungene, aber fast nicht wahrgenommene TV-Doku durch einen solchen Preis eine größere Plattform bekommen würde. Da aber weder die Preisverleihung noch die Öffentlichkeitsarbeit des BSLJ eine solche Plattform bauen kann, muss man schon nach Sinn oder Unsinn des Ganzen fragen. Nach der Relevanz.

Weil aber Journalistinnen und Journalistinnen vor allem gut darin sind, anderen solche Fragen zu stellen, ist zu erwarten, dass auch die nächste Preisübergabe mehr oder weniger eine reine Spesenveranstaltung wird.

Aber vielleicht kann man das noch ändern. Denn bis zum 15. April können noch noch Beiträge für den Wettbewerb eingereicht werden.

Und: Es gäbe ein Medienformat, das für diesen Medienpreis perfekt wäre! Ein Format, das alle Wünsche, die man an einen würdigen Preisträger haben könnte, fast schon übererfüllt:

Die ZDF- “heute show”!

Die wöchentliche Sendung mit Oliver Welke hat sich wie kein anderes Format an den homophonen Ausbrüchen der letzten Jahre abgearbeitet. Sie hat es nicht nur geschafft, regelmässig Homophobie aufzuzeigen und zu entlarven. Ihr ist auch etwas gelungen, was im Bereich Mainstrean-Comedy fast unmöglich schien:

Dass nicht über die vermeintliche Lächerlichkeit der Homosexuellen gelacht werden kann, sondern über die tatsächliche der Homophobiker.

Als die “heute show” bezichtigt wurde, Teil einer “virulenten Homolobby” zu sein, hat sie sich selbst als solche erklärt. Es ist ein Coup, der zeigt, dass es nicht nur Haltung, sondern auch Ideen und Know How bedarf, wenn man aus den zu Ritualen erstarrten Mediendebatten aussteigen will, ohne auf das Vermitteln von Erkenntnissen zu verzichten.

Ausserdem hätte die Verleihung an die “heute show” noch einen besonderen Reiz: Homo-Hasser würden sie als endgültigen Beweis für die Einseitigkeit der Sendung darstellen. Und viele Homos würden sich darüber beschweren, dass dort auch derbe Witze über Schwule und Lesben gemacht werden.

Den Homo-Hassern könnte man dann erklären, dass das Eintreten gegen Homophobie in den Medien nichts mit Parteinahme zu tun hat, sondern unter journalistischen Kriterien eine Selbstverständlichkeit sein sollte.
Und die sich beschwerenden Homos könnten sich daran gewöhnen, dass es nicht darauf ankommt, ob über sie gelacht wird, sondern warum und wie.

Also, wie wärs? Der quere Medienpreis für die “heute show”?

Da wären nur noch drei Sachen zu klären. Aber vielleicht bekommen wir das zusammen hin.

1.) Das jeweilige Format muss selbst einen Beitrag einreichen. Es reicht nicht, wenn es vorgeschlagen wird. Also: Wir müssen die “heute show” bitten, sich dort selber zu bewerben.

2.) Es wird nicht ein ganzes Format ausgezeichnet, sondern nur ein einzelner Beitrag. Es wäre also gut, herauszufinden, welche Ausgabe der “heute show” besonders geeignet ist. Macht also bitte Vorschläge mit einer kurzen Begründung (mailen an: kontakt@nollendorfblog.de ). Später gibt es dann hier eine Abstimmung.

3.) Damit die “heute show” den Preis gewinnt, müsste diese es aber nicht nur selber wollen, sondern auch die Jury des BLSJ.

Die wollen wir hier natürlich nicht unter Druck setzen. Aber falls sie sich dann für einen anderen Preisträger entscheidet, sollte sie einen guten Grund dafür haben, den nicht nur den Verband selbst interessiert, sondern auch eine breitere Öffentlichkeit. Das wäre doch schon mal was!

 

Ein Gedanke zu „Die „heute show“ verdient den queeren Medienpreis! Aber davon müssen wir die Macher der Sendung noch überzeugen!

  1. Lieber Johannes,
    nur ungern versehe ich deinen Beitrag mit einem Kommentar. Da steht soviel Komisches drin, dass es mir fast nicht wert erscheint, darauf einzugehen – bspw. was deine Einschätzung zur Relevanz des Rexhausen-Preises angeht.
    Da ich aber – ähnlich wie du – die „heute-show“ als gelungenes Format ansehe, möchte ich dir doch zumindest einen „heißen Tipp“ geben: Wenn du dir die Ausschreibungsbedingungen für den Rexhausen-Preis noch mal in Ruhe durchliest, wirst du auf folgenden Satz stoßen: „Sie können eigene Beiträge oder auch Beiträge anderer AutorInnen einreichen.“ Zumindest ich verstehe diesen Satz so, dass jeder Mensch Vorschläge für den Rexhausen-Preis einreichen kann – und genau so ist der Satz auch gemeint. Es muss also mitnichten der Autor oder die Redaktion machen.
    Siehe auch hier: http://www.blsj.de/medienpreis/teilnahmebedingungen/
    Dann also schnell ran. Bis zum 15. April ist ja noch Zeit.
    Gruß
    Axel

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