Der erste offen schwule Außenminister verdient unser Mitgefühl. Vielleicht ist jetzt der Moment, wo er es gebrauchen kann. Gute Besserung, Guido Westerwelle!

Der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle ist an Leukämie erkrankt.  Die Herzen der Szene sind ihm nie zugeflogen. Aber Guido Westerwelle hat unsere Empathie verdient, ganz abgesehen davon, dass er jetzt krank ist.
Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt, wo ihm unser Mitgefühl helfen kann, bald wieder stark und gesund zu werden.
Gute Besserung an Guido Westerwelle! Und die besten Wünsche an seinen Mann! 
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Anbei einige Gedanken zu Westerwelle, die ich im April veröffentlicht* habe:
Täuscht mein Eindruck, dass es die Schwulen waren, die besonders laut über das Schwulsein des ersten offen schwulen Außenminister gelacht haben?  Westerwelle, Schwesterwelle. War das nicht die pure Angst, dass da einer von uns so weit oben war, dass der  Spott und die Kritik gegen diesen einen den so lange ersehnten und zum Greifen nah scheinende Mainstream-Status gefährden könnte? Jedenfalls war es auffällig, wie viele Schwule instinktiv den gefürchteten Blick einer homofeindlichen Öffentlichkeit übernahmen, als könnten sie sich so aus diesem Blick befreien. War das der Grund, warum in dieser Zeit jemand wie der Komiker Oliver Pocher sein Geschäftsmodell fast ausschliesslich auf dem Prinzip begründen konnte, nach dem  Schwulsein bedeutet, Sex zu haben über den man öffentlich lachen kann? Westerwelle mit seinem Partner auf Staatsbesuch in der muslimischen Welt? „Das wird ein zünftiger Spass in der Sauna.“
Als es ein Schwuler es geschafft hatte, vor einer medialen Weltöffentlichkeit die Selbstverständlichkeit des Schwulseins auch auf einem der vermintestem Gelände überhaupt zu demonstrieren, stand er ziemlich alleine da.  Als Dank Westerwelle der damalige iranische  Ministerpräsident, Homoleugner und -henker Ahmadinedschad einem offen schwul lebendem Politiker die Hand schütteln musste, um ein offizielles Bild mit Deutschland zu kommen, war nichts von dem da, was sich Schwule gerne auf die Fahnen schreiben: Empathie, Stolz und Solidarität verkehrten sich in ihr Gegenteil.
Schwule in der medialen Öffentlichkeit funktionieren im Rahmen eines Deals, über dessen Einhaltung die Schwulen mindestens genau so wachen wie die Heteros: Ihr dürft dabei sein, aber treibt es nicht zu weit. Seid lustig. Und vor allem keine Spielverderber! ♦

* Dieser Text ist ein Auszug aus „Ihr dürft dabei sein, aber treibt es nicht zu weit“, einem Artikel, den ich für das Schwerpunktthema „Homosexuelle in den Medien“ der April-Ausgabe der „Männer“ geschrieben habe. 

Nachtrag: Ich habe die Kommentarfunktion für diesen Beitrag geschlossen. Mir geht es hier nicht um Politik, sondern um Empathie.