Nach dem Vicky-Leandros-Konzert: SPIEGEL verniedlicht Thurn und Taxis´ Rechtsradikalismus

Bereits 2019 wurde in New York eine geplante Ehrung für Gloria von Thurn und Taxis abgesagt – wegen ihrer engen Verbindungen zu internationalen rechtskonservativen bis rechtsradikalen Netzwerken. 

Die NYU-Professorin Ana Dopico nannte sie damals „Europas Prinzessin der extremen Rechten“. Tatsächlich pflegt die Fürstin intensive Kontakte zu Figuren wie Steve Bannon, Benjamin Harnwell, Leonard Leo und Kardinal Raymond Burke – zentrale Akteure einer transnationalen, antiliberalen Rechten. Medienberichten zufolge bot sie sogar ihr Regensburger Schloss als möglichen Standort für Bannons geplantes Kaderschulungszentrum an. Schon damals wurde Thurn und Taxis in deutschen Medien nach dem Absage-Skandal vor allem vor ihren Kritikern in Schutz genommen (hier im Blog zum Nachlesen gibt es die ganze Geschichte: Deutsche Medien machen der „Prinzessin der europäischen extremen Rechten“ den Hof)

 Die öffentliche Person Gloria von Thurn und Taxis nutzt ihre öffentlichen Auftritte hierzulande immer noch großteils dazu, rechte Thesen salonfähig zu machen. Trotzdem haben Prominente wie Andrea Berg, Giovanni Zarrella und David Garrett offensichtlich kein Problem damit, das Image der Fürstin durch Showauftritte bei den jährlich von ihr als Schirmherrin vor ihrem Schluss präsentierten Regensburger Schlossfestspielen aktiv zu stützen. In diesem Jahr zog Vicky Leandros erst dann die Reißleine, als bekannt wurde, dass von Thurn und Taxis die AfD-Chefin Alice Weidel eingeladen hatte, beim Konzert der Schlagersängerin im Publikum zu sitzen. Leandros weigerte sich, vor Weidel aufzutreten, was von Thurn und Taxis dazu veranlasste, der AfD-Politikerin den Rücken zu stärken und mit ihr während des Konzertes PR-trächtig im Schloss zu speisen.

Dass Prominente wie Leandros, Berg, Zarrella und Garrett in diese missliche Lage geraten, liegt auch daran, dass viele Medien die rechten Umtriebe der Regensburger Fürstin immer noch verharmlosen. Rechtsradikalismus scheint in Deutschland dann kein besonderes Problem zu sein, wenn er niedlich verpackt wird. Umgekehrt kann jemand ja nicht wirklich rechtsradikal sein, wenn vor seinem Schloss einige der beliebtesten deutschen Künstlerinnen und Künstler auftreten.

Als Thurn und Taxis 2000 – also nach dem New Yorker Absage-Skandal – Gast in der ARD-Sendung Maischberger war, wurde ihre Rolle als „Europas Prinzessin der Rechten“ nicht einmal angedeutet. Die Moderatorin kündigte sie lediglich als „eine außerordentlich konservative Katholikin“ an.

Obwohl die Fürstin in den letzten Jahren ihrem rechten Kurs streng treu geblieben ist und sich ihre rechten bis rechtsradikalen Äußerungen mehren, war auf spiegel.de gestern eine ganz besondere Goteske zu lesen

 zu lesen:


Gloria von Thurn und Taxis und ihre Nähe zu den Rechten


lautete die Überschrift, an der so ziemlich alles ein Problem ist. Denn erstens tut sie so, als wäre erst jetzt der Punkt erreicht, wo man sich das Verhältnis der Fürstin zur rechten Szene mal genauer anschauen müsse. Und zweitens ist „Nähe“ natürlich absurd. Von Thurn und Taxis ist nicht rechtsnah. Sie ist rechts. Und in vielen Positionen ist sie rechtsradikal.

Sie stellt die gängige Klimawissenschaft infrage, bezeichnet Wissenschaft als „systematische Irreführung“; es werde „suggeriert, dass der Mensch Schuld am Klimawandel“ sei. Sie verbreitet Verschwörungstheorien und Anti‑Establishment-Rhetorik:

„…nur noch gestreamlinte Stasi‑Typen gefragt, die runterbeten, was Banken, Industrie und WHO hören wollen.“

Zur Flüchtlingskrise 2015 sagte sie, die Aufnahme von Flüchtlingen sei eine „Art Krieg“ und Vorbote „eines dritten Weltkriegs“.

Das letzte Zitat ist zwar auch im SPIEGEL zu finden, doch insgesamt zeichnet der Artikel das Bild einer verwirrten Konservativen:

Sie hätte gegen Abtreibungen „gewettert“ und „zog über die Ehe für alle her“. Außerdem hätte sie an Demonstrationen gegen die angebliche Frühsexualisierung teilgenommen.

Doch das ist nun wirklich gefährlich verniedlichender Unfug am Rande der Desinformation.

Zur Einordnung: Angela Merkel war 2017 gegen die Ehe für alle, und mit ihr 225 Abgeordnete des Bundestags. Die gängigste Begründung für diese Ablehnung lautete damals in Medien und Politik, dass homosexuelle Partnerschaften zu akzeptieren seien, die Ehe aber ein Konstrukt zwischen Mann und Frau sei und auch bleiben solle. Auch diese Position war natürlich schon damals homophob – aber eben ein ganz anderes Kaliber als das, mit dem Gloria von Thurn und Taxis bis heute auf Homosexuelle schießt.

Zum Beispiel 2018 im Magazin Cato:

„Die Ehe für alle ist Handschrift des Durcheinanderbringers und Verwirrers, also des Teufels.“

Den Schulunterricht zur Vielfalt nannte sie

„… eine Form von Kindesmissbrauch.“

In einem YouTube-Interview mit Julian Reichelt zur Fußball-WM in Katar (2022) sagte sie:

„Im Nahen Osten gibt es genau so viele Schwule wie bei uns. Nur, das sind … anständige Leute, die aus religiösen Gründen ihr Schlafzimmer und ihre Sexualität etwas diskret behandeln.“

Zum Thema der damals viel diskutierten „One-Love“-Armbinde der deutschen Nationalmannschaft sagte sie:

„… wenn es unbedingt sein muss, … soll derjenige die Armbinde tragen, der unbedingt seine tierischen Instinkte ausleben will, damit man sieht: ‚Aha, der will Sex‘.“

Nein, lieber SPIEGEL, das Problem mit Gloria von Thurn und Homosexualität ist nicht, dass sie gegen die Ehe für alle hergezogen ist – das haben viele. Das Problem ist, dass sie wie keine zweite so bekannte öffentliche Figur in Deutschland mit rechtsradikalen Argumenten und rechtsradikaler Wortwahl gegen Homosexuelle hetzt. Warum fällt es euch so schwer, das zu benennen?

Und es ist einfach falsch, wenn ihr schreibt:

„Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass sie mit kontroversen Aussagen, zweifelhaften Bekannten und einer offenkundigen Nähe zu populistischen Kreisen auffällt.“

Oder seid ihr wirklich der Meinung, dass man über die Aussagen der Fürstin noch kontrovers diskutieren kann? Wie lautet denn euer Pro und Contra etwa darüber, dass Homosexualität das Ausleben tierischer Instinkte bedeutet?
Gibt es für euch wirklich keinen Unterschied zwischen Populismus und Radikalismus? Und: Wie rechts muss man in diesem Land eigentlich sein, dass ihr das auch so aufschreiben könnt – und nicht versucht, eine nicht vorhandene Nähe zu messen?


Ja, müsstet ihr euch nicht mal bei der AfD entschuldigen, dass ihr bei ihr Positionen skandalisiert, bei denen ihr bezogen auf von Thurn und Taxis lediglich schreibt, diese ließen „einen Drall nach rechts vermuten“?

Vielleicht glaubt ihr ja, man müsse die Fürstin schonen, weil sie nur eine schrille Exzentrikerin sei – durchgeknallt, harmlos, nicht ganz ernst zu nehmen. Ist euch wirklich noch nicht aufgefallen, dass sie seit Jahren die gleiche Masche fährt? Dass sie gezielt Anlässe schafft, um rechtsradikale Menschen und ihre Thesen mit Zuckerguss zu überziehen und dem Publikum genießbar zu machen? Und jedes Mal, wenn man sie darauf anspricht, tut sie überrascht – sie kenne diese Leute angeblich gar nicht oder ihr Rechtsradikalismus sei doch keiner. Schließlich seien diese Menschen ja „schön“, wie Alice Weidel. Oder – wie sie über Björn Höcke sagte – eben bloß „deutsche Idealisten“.

Ja, das klingt naiv und drollig. Aber naiv seid vor allem: ihr.


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Mehr zum Thema:

Alle Beiträge zu Gloria von Thurn und Taxis hier im Blog.

Alle Beiträge über die problematische Berichterstattung des SPIEGEL hier im Blog. 

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