Ein nettes Wort

Homophobie ist ein vergleichsweise nettes Wort. Es beschreibt die Angst, nicht die der Opfer, sondern die der Täter. Es beschreibt den Ursprung (oder einen möglichen Ursprung) eines Phänomens, und nicht dessen Charakter.
Homophobie, so scheint es, ist das Problem von Leuten, die darunter leiden, weil sie es selbst haben. So, wie man bei Aquaphobie unter Angst vor Wasser und bei Coulrophobie unter der vor Clowns leidet.

Muss sich das Wasser Sorgen wegen der Aquaphobiker machen? Ist schonmal ein Clown wegen Coulrophobie gestorben?

Rassismus ist ein hartes Wort. Es beschreibt eine gefährliche Ideologie. Rassismus zielt dabei laut Wikipedia

“nicht auf subjektiv wahrgenommene Eigenschaften einer Gruppe, sondern stellt deren Gleichrangigkeit und im Extremfall die Existenz der anderen in Frage.”

Bei Homophobie und Rassismus geht es um unterschiedliche “Gegengruppen”. Vom Prinzip er aber ist Homophobie und Rassismus das Gleiche.

Das Glück der Homophobiker ist ein nettes Wort. Es ist das Pech der Homosexuellen. Sie werden “nur” von einer Angst verfolgt und nicht von einem systemischen “Ismus”. Sie müssen jedesmal begründen, warum Homophbie so böse ist. Damit gehen sie der Gesellschaft ganz schön auf die Nerven.

So ist es kein Wunder, das ein Großteil der Gesellschaft nicht verstehen will, wo es ein Problem gibt, wo doch in Sachen Gleichstellung in den letzten Jahrzehnten so viel erreicht worden ist. Der ganze Wirbel wegen ein paar noch verbleibenden diskriminierenden Regelungen? Ja. Und Nein:

Wie belastbar ist eine Gleichstellung, deren Basis, nämlich die Gleichrangigkeit, immer wieder in Frage gestellt wird und deshalb immer wieder erklärt und vermittelt werden muss?

Rassismus versteht man. Homophobie kann man nicht mehr hören.

Herr, schenke uns ein neues Wort!

4 Gedanken zu „Ein nettes Wort

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