Jens Riewa gegen queer.de: Homosexualität ist keine Verleumdung!

Queer.de wehrt sich gegen die Abmahnung des Tagesschausprechers Jens Riewa, der dem Online-Magazin verbieten will, über Berichte zu berichten, die über Berichte berichten, die mit Gerüchten zu tun haben, dieser sei womöglich schwul. So oder so ähnlich. (Die ganze Geschichte hat Stefan Niggemeier auf uebermedien.de aufgeschrieben).

Queer.de braucht jetzt die Unterstützung der Community. Möglicherweise finanziell, weil eine mögliche Gerichtsverhandlung viel Geld kosten kann.

Aber ebenso wichtig ist die ideelle Unterstützung:

Würde Jens Riewas Begründung bestand haben, würde das das Selbstverständnis untergraben, mit dem Schwulsein in Deutschland nun endlich gelebt wird: Dass es nicht ehrenrührig ist, als schwul bezeichnet zu werden. Denn wie anders kann seine Intervention gegen „haltlose Gerüchte aus dem Privatleben“ verstanden werden? Völlig klar: Das Privatleben eines Menschen geht niemanden etwas an. Auch muss sich niemand gefallen lassen, dass Falsches über seine sexuelle Orientierung behauptet wird. Aber es gibt eben doch einen Unterschied zwischen Privatleben und sexueller Orientierung. Sex und sexuelle Identität sind halt zwei paar Schuh. Weder ein Hetero- noch ein Homosexueller würde auf die Idee kommen, Berichte, die davon ausgehen, er sei heterosexuell, als Verleumdung zu empfinden. Eine solche Klage hat es in Deutschland natürlich nie gegeben.

Der Kampf, den queer.de gerade führt, ist also ein Kampf gegen unsere Erpressbarkeit. Junge Schwule auf der ganzen Welt leben ihre Homosexualität heute offen, meist unter schwierigeren Bedingungen als in Deutschland. Sie tun dies auch, damit sie nicht erpressbar sind. Sie tun das, weil sie an Ländern wie Deutschland sehen, dass sich Gesellschaften entwickelt haben dadurch, dass auch dort einmal Menschen diesen Schritt gegangen sind. Würde Riewa gegen queer.de Recht bekommen, dann hieße das, dass es diese Entwicklung in Deutschland nicht gegeben hat. Dass noch immer gilt: Schwulsein ist ein Problem. Und, wie noch in den 80er Jahren während der Kiessling-Affaire:  Schwule sind ein (Sicherheits-) Risiko.

Auch, wenn das pathetisch klingt: Unsere Solidarität mit queer.de ist letzendlich auch eine Solidarität mit all den queeren Kids in diesem Land und anderswo: Niemand darf dich verleumden für das, was du bist. Und deshalb darf niemand behaupten, es sei eine Verleumdung, als schwul bezeichnet zu werden!♦

Die Kiessling Affaire im Nollendorfblog (Archiv 2009)

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6 Gedanken zu „Jens Riewa gegen queer.de: Homosexualität ist keine Verleumdung!

  1. Jens Riewa sollte sich Wilhelm Wieben zum Vorbild nehmen. Als dessen sexuelle Orientierung raus war, ging er offen damit um, jedenfalls versuchte er nicht, sie als Schande hinzustellen, die geheimgehalten werden müsse. Ob Riewa homopil („schwul“ sollte man so einen aus Achtung vor Schwulen nicht nennen) ist oder nicht – Wieben hat vorgemacht, es ist nicht ehrenrührig und man muss nicht verbieten, es zu behaupten. Riewa sollte vom Gericht auferlegt werden nachzuweisen, wieso ihm schaden sollte, was Wieben nicht geschadet hat, wieso ihm schaden sollte, was Roland Emmerich, Klaus Wowereit, Jäcki Schwarz, Hans Werner Henze und so viele andere nicht gehindert hat, groß Karriere zu machen; wieso es nicht genügen soll zu sagen, nein, er sei nicht schwul; wieso das gerichtlich festgestellt und verboten müsse. In was für einem Land leben wir (ehrlich gesagt wundert es mich ja doch nicht, so wie ich Deutschland kenne), dass sich hier die Justiz ernsthaft mit der Frage beschäftigt, wer welche sexuelle Orientierung hat und welche Folgerungen daraus zu ziehen sind, wenn ein gegenteiliges Gerücht im Umlauf ist. Man stelle sich vor, es wollte einer klagen, weil ein anderer behauptet hat, er sei Jude. Würde ein deutsches Gericht es wagen, das Judesein als ehrenrührig und die entsprechende Behauptung als Verleumdung zu beurteilen? Kann denn gerichtlich festgestellt werden, es sei schändlich, jemandem nachzusagen, er weise ein persönliches Merkmal auf, dessentwegen es gesetzlich verboten ist (Gleichbehandlungsgesetz, Europäische Antidiskriminierungsrichtlnie) ihn zu diskriminieren?

  2. man müsste das alles so öffentlich wie möglich machen, nicht mal queer.de selbst berichtet darüber.
    man stelle sich vor die medien würden behaupten das elton john evtl. hetero wäre u. der würde diese dann verklagen, vollkommen absurd.
    riewa sollte sich schämen u. sich endlich outen.

  3. Alles schön und gut. Jens will sich offenbar nicht outen – ggf ist er ja auch gar nicht schwul oder homophil oder was auch immer. Warum kann man solche Leute nicht in Ruhe lassen? Wie sollen sich outing-Unwillige und Heterosexuelle die in der Öffentlichkeit stehen und arbeiten denn bitte gegen diese ständige Thematisierung und Spekulation wehren? Es ist doch unsere Aufgabe die Leute zu unterstützen die sich outen (wollen) und es ist definitiv nicht unsere Aufgabe über Gerüchte zu spekulieren. Queer.de sollte einfach aufhören über sowas zu berichten. Es ist klatsch und Tratsch und hat mit seriösem Journalismus nichts zu tun.

  4. „Der Kampf, den queer.de gerade führt, ist also ein Kampf gegen unsere Erpressbarkeit.“

    Das nenne ich mal ne steile These. Queer.de hat in der Vergangenheit über Riewa geschrieben, weil es gut für die Click-Zahlen war. Wie überhaupt das ganze Konzept der Seite darauf ausgelegt ist, mit minimalem Aufwand Besucherzahlen zu generieren. Hinter Queer.de verbirgt sich mitnichten eine Seite mit journalistischem Anspruch für LGBTI-Themen.

    1) Es werden permanent Agentur- und/oder Pressemitteilungen etablierter Medien abgeschrieben. Und damit meine ich wirklich abgeschrieben. Da gibt es keine Quellenrecherche, keine Prüfung auf inhaltliche Richtigkeit und auch keine Richtigstellung, wenn später herauskommt „Uups, da haben wir uns doch mal wieder geirrt.

    Ein besonders schönes Beispiel ist dieser Artikel http://www.queer.de/detail.php?article_id=29136 bei dem Anfangs überhaupt nicht klar war, ob die Tatsache, dass die Opfer lesbisch waren, ein Tatauslöser war. Aber es wird prominent in der Überschrift insinuiert, dass das der Fall gewesen sein muss. Dieser permanente Alarmismus ist darauf ausgelegt zu dramatisieren und zu überzeichnen. Von journalistischer Neutralität weit und breit keine Spur.

    2) Ein großer Teil der „Artikel“ bewegt sich auf – und oft unter – dem Niveau der Boulevardpresse. Welche Pornodarsteller hat sich umgebracht? Welcher C-Klasse-Promi versichert seine Solidarität mit der LGBTI-Szene? Welche schwulen Pinguine adoptieren Kücken? Genau diese Art von „Artikeln“ machen 90% des Inhaltes aus.

    3) Ihr schreibt „.. dass es nicht ehrenrührig ist, als schwul bezeichnet zu werden“. Richtig. Warum ist es dann überhaupt berichtenswert für Queer.de darüber zu schreiben ob Riewa auf Männer steht oder nicht? Welchen anderen Zweck haben diese Artikel dann gehabt als reißerisch die Auflage/die Besucherzahlen zu steigern?

    Queer.de ist Teil des Problems – indem sie genau das machen, was drei Wochen später wieder kritisiert wird – sie skandalisieren, wo es nichts zu skandalisieren gibt.

  5. Wer verleumdet oder nicht, das wird ein Richter entscheiden und nicht etwa selbsternannte Sprachmoralwächter. Das wird in einem Rechtsstaat so gemacht.
    Außerdem hat das Privatleben keinen anderen zu interessieren.
    Das versteht die „Ich habe nichts zu verbergen“-Fraktion aber nicht.
    Viel Spaß bei den ersten Outings aus der Szene, z.B. wer welche Geschlechtskrankheiten hat.
    Da schneidet sich jemand ganz gewaltig ins eigene Fleisch.
    Viel Spaß dabei.

  6. Das Bemerkenswerte am Vorgehen des Herrn R. ist ja, dass es sein Anliegen, nicht als schwul wahrgenommen zu werden, um 180° konterkariert. Hätte er einfach zu den Unterstellungen geschwiegen und weiter schön über seine heißen Nächte mit Michelle berichtet – alles wäre vielleicht vergessen.
    Aber wenn ein Mann 2000mal verlauten lässt, dass er „nicht schwul“ sei, dann ist das Wort „schwul“ genau das, was man mit ihm assoziiert. (Das wäre ja auch mit „Polizist“ so, wenn man 2000mal sagen würde „Ich bin kein Polizist!“, „Ich bin auf keinen Fall ein Polizist!“.)
    Und alle fragen sich: Warum ist ihm das überhaupt so wichtig? Zumindest gibt es keinen besseren Weg, die Frage nach der eigenen sexuellen Orientierung für alle Zeiten in den öffentlichen Raum zu zementieren.

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