Bundespräsident Gauck: Größtmögliches „Ja“ für die „Ehe für alle“

Mehr geht nicht. Ein Bundespräsident darf nicht in die aktuelle Politik eingreifen. Und sich schon gar nicht bei einem parteipolitisch kontroversen Thema auf eine der Seiten schlagen.

Gemessen daran war das gestern eine kleine Sensation. Auf einer Diskussionsveranstaltung im Rahmen des Evangelischen Kirchentages wurde Gauck nach seiner Meinung zu der „Ehe für Alle“ gefragt.

Jan Feddersen, der für die taz gerade über den Kirchentag berichtet, beschreibt die Antwort des Bundespräsidenten so:

Er dürfe und wolle sich nicht in die konkrete Politik einmischen, gleichwohl: Er habe in seinem Leben mehrere Phasen seines Glaubens durchgemacht, heute nehme er es als Geschenk, dass dieser Glaube „und mein unbedingtes Ja zur Aufklärung“ zueinander passten. „Aus dem Grund bin ich für all das, was Menschen befreit und von Entfremdung löst.“

Feddersens Fazit: „Fröhlicher, eleganter und beherzter ist ein Ja zur Ehe für alle bislang nicht formuliert worden.“

Sollte Gauck das wirklich so gemeint haben, lässt sich hier ein politisches Beben beobachten. Immerhin stellt sich hier ein Verfassungsorgan gegen ein anderes, und das bei einem der zur Zeit umstrittensten verfassungspolitischen Streitfragen. Immerhin nutzt die formal höchste Ebene unseres Staates seinen politischen Gestaltungsspielraum, in dem es sich bis an die Grenzen des Gebotenen – und vielleicht sogar ein Stück darüber hinaus  -positioniert. Gegen die amtierende Regierung.

Ein Bundespräsident kann, darf so etwas nur machen, wenn es um ein Thema geht, das eine übergeordnete Wichtigkeit hat. Beim Thema „Ehe für alle“ scheint das für ihn der Fall zu sein.

Demnach hätte in Deutschland erstmals die Spitze des Staates „Ja“ gesagt.

Rückfrage an Feddersen: Was war sein Eindruck? Handelt es sich hier vielleicht doch nur um eine nicht weiter bedeutungsvolle Beschwichtigung eines Repräsentier-Politikers, der niemand auf die Füße treten möchte? Oder will hier jemand gerade wirklich gehört werden, weil er etwas verändern möchte?

Feddersen: „Gauck war überhaupt nicht verlegen, er versuchte überhaupt nicht, der Frage auszuweichen. Ich hatte fast eher den Eindruck, er hat auf sie gewartet. Seine Antwort war klar und entschieden. Er hatte wirklich ein Anliegen.“

Merkwürdig nur, dass sie Zeitungen heute nicht voll damit sind. ♦

(Hierzu: Interview mit taz-Redakteur Jan Feddersen über die Worte des Bundespräsidenten und das Weghören der Medien)

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