Ehe für alle: Der völkische Wahn der Annegret Kramp-Karrenbauer

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Ja, das war zu erwarten, mag man sagen. Natürlich können die Konservativen nicht die Finger weglassen von der Diskriminierei. Natürlich war das im besten Fall dummes, wahrscheinlich aber zynisch-kalkuliertes Geschwätz der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden, als sie von „Respekt“ für alle rund um die Entscheidung um die Ehe für alle sprach, aber eigentlich nur um Respekt für die Respektlosen warb, die diese zu verhindern suchen.

Natürlich wird die Union versuchen, gegen Homosexuelle Wahlkampf zu machen, wird versuchen, das Feuer der Ressentiments am brennen zu halten. Nicht mehr so hell, so sichtbar natürlich. Aber brennen, zumindest lodern soll es doch, so damit sich all die ewig Zündelnden daran aufwärmen können, die, denen dann erst so richtig wohlig wird, wenn es etwas gibt, woran sich andere verbrennen können.

Und doch gibt es einen Unterschied zwischen dem Nachtreten vieler Unionspolitiker, zwischen dem redlichen Bemühen, das so kostenlose wie identitätsstiftende Thema Homophobie nicht einfach flöten gehen zu lassen und dem, was Annegred Kramp-Karrenbauer da gerade macht.

Ihre Aussage, hinsichtlich der Ehe für alle müsse man im Blick behalten,

„dass das Fundament unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts dadurch nicht schleichend erodiert.“

hat nichts mit konservativen Reflexen oder religiösen Überzeugungen zu tun. Nein, in ihr steckt völkisches Gedankengut, hinter ihr steht ein Gesellschafts- und Menschenbild, das den Fortbestand dieser Gesellschaft an eine normative Idee knüpft und gleichzeitig eine Minderheit und deren Gleichwertigkeit als Gefahr für den Fortbestand dieser Gesellschaft definiert. Gesellschaft funktioniert so natürlich nicht und hat nie so funktioniert. Das Wahnhafte ihrer Idee richtet sich dabei nicht nur gegen die homosexuellen Volksfeinde, sondern auch gegen alle anderen, deren familiäres Wertekonstrukt ja nach Kramp-Karrenbauer nicht von Verantwortung und Zuneigung geprägt ist, sondern von deren Überwindung, denn in ihrem Denken entsteht der Zusammenhalt der Gesellschaft nicht aus menschlichen Werten, sondern offensichtlich aufgrund einer staatlichen Verabredung.

Ich weiß, ich schreibe das gerade etwas hart. Aber würden wir die tiefe Menschenfeindlichkeit und die wirren Vorstellungen von Gesellschaft und was sie ausmacht etwa weniger hart markieren, würden sie von einer AfD- oder noch rechteren Politikerin stammen? Dürfen wir hier Harmlosigkeit unterstellen, nur weil es sich um eine christliche Provinzpolitikerin handelt (Kramp-Karrenbauer ist Mitglied im CDU Bundesvorstand)?  Dürfen, müssen wir nicht vermuten, dass solche Aussagen genau richtig gezielt sind, genau richtig verstanden werden, genau richtig ankommen? Dass das Gift, das in ihnen steckt, auch wirkt?

Käme so etwas von AfD & Co. gäbe es einen breiten gesellschaftlichen Konsens, einen gemeinsamen Ekel vor solch aggressivem Hatespeach. Und Angela Merkel würde sich öffentlich mitekeln. So aber, da vermutet werden darf, dass sie nicht nur nicht widerspricht, sondern auch dankbar ist für die Dehnung des Sagbaren in ihrer Partei, muss man sich hier auch vor Angela Merkels Kalkül ekeln. Wenn ich mich da täusche, wenn ich falsch liege, und sie da zumindest intern glaubhaft gegen hält, nehme ich das gerne zurück (und es würde mich sehr freuen, mich da täuschen zu können). Aber dem ist wohl nicht so.

„Obwohl sie mit der Lebensrealität nichts zu tun hat, wird die familiäre Norm der Normfamilie von einer ganzen Kultur als erstrebenswertes Ideal und zugleich einzig lebbares Modell hingestellt.“

schreibt Didier Eribon in „Rückkehr nach Reims“.

Und:

„Gegen Leute, die ihre Definition von Ehe und Familie, von der Legitimität verschiedener Lebensweisen allen anderen aufzwingen wollen, und dabei Modelle zum Anschlag bringen, die vielleicht in ihrer eigenen reaktionären Gedankenwelt funktionieren, in der Realität aber noch nie funktioniert haben, habe ich eine tiefe Abneigung.“

Ich auch.

Nachtrag, 19. Februar 2018: Angela Merkel hat dem CDU-Präsidium Annegret Kramp-Karrenbauer als neue Generalsekretärin der Partei vorgeschlagen. Am 26. Februar soll sie in Berlin auf dem nächsten Bundesparteitag gewählt werden.

Nachtrag, Dezember 2018: Generalsekretärin Kramp Karrenbauer kandidiert am 6. Dezember für den CDU-Vorsitz.

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11 Gedanken zu „Ehe für alle: Der völkische Wahn der Annegret Kramp-Karrenbauer

  1. Nein – DU schreibst nicht hart…hart ist die Absicht hinter diesen Invektiven und Vorgängen. Es sollte doch endlich deutlich werden daß mit der „Eheöffung“ nichts gewonnen ist…
    Wer mit solchen Infamien aufwartet, hat wahnhafte Fluchtpunkte, die bei der Segregation und Rassentrenung längst nicht enden…
    Es wird noch schlimmer kömmen – da ihre Muslimhetze nur noch schwer zieht, schießt sich die AfD jetzt auf Homosexuelle ein, wie man an den Unverschämtheiten Storchs erennen kann…
    Als Gariele Kuby vor fünf/sechs Jahren als erste das Geraune von der internationalen Homolobby in D aufbrachte, habe ich auf die Mythen- und Legendenbildung, die dahinter steckt verwiesen und auf die Ähnlichkeit mit dem Lügen-Machwer der „Protokolle der Weisen von Zion“ – inzwischen ist „interationale Homo/Gender-Lobby“ zum akzeptierten Begriff in den Medien geworden…die Enthemmung die damals begann, findet ihre Fortsetzung in solchen Aussagen.

  2. Volksfeind trifft es genau. Und Menschen so zu sehen ist es was in Ländern wie Uganda und Russland gegenüber massiver Gewalt gegenüber Homosexuellen geführt hat. Der Staat muss diese gar nicht selbst anwenden. Man muss die Lügen nur so lange wiederholen bis die Bevölkerung das selbst tut

  3. Wie immer: eine Landespolitiker_In, selbst an prominenter Stelle, spricht zuerst immer ganz gezielt die eigene provinzielle Wählerklientel an. Und um dort zu punkten geht sie halt über Leichen, auf eine gespielt naive, provinzielle Art und Weise, die sich einen Dreck schert um z.B. Menschenrechte, den Stand der Wissenschaft, globale Zusammenhänge, oder auch tatsächlich die Meinung der Angesprochenen, sondern nur darum, wie sie glaubt, dort irgendwo punkten zu können. Nach diesem Kalkül ist die schweigende Mitte nicht mal angesprochen, dann der ist dieser Unterton ziemlich egal, es geht um die Menschen an den Rändern, den rechten, rassistischen, ja, eventuell sogar völkischen Rändern.

  4. Frau K-K ist auch Mitglied im „ZdK, Zentralkomitee der dt. Katholiken“.

  5. Annegret Kramp-Karrenbauer gehört in eine Reihe mit Beatrix von Storch, Björn Höcke und Alexander Gauland. Sie ist, wenn auch nominell Mitglied der CDU, die höchstrangige AfD-Politikerin Deutschlands.

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