Broder/Anda/Matussek: Wenn alte Männer „Müssen“ müssen

In diesem Blog versuche ich seit einiger Zeit, die Homophobie hinter dem „aber“ derer zu dekodieren, die auffällig laut betonen „nichts gegen Schwule“ zu haben. Dies war in den vergangenen Jahren nicht immer ganz leicht.  Immer, wenn man sich gerade an einem abstrusen hompophoben Muster abgearbeitet hatte, tauchten wieder neue auf, die eine völlig andere Betrachtung verlangten.

Seit einigen Monaten ist das völlig anders. Seit einigen Monaten basieren fast alle homophoben „Debattenbeitrage“aus fast deckungsgleichen Formulierungen.

Doch das macht es nicht einfacher.

Im Februar habe ich erstmals über die „neue Homophobie“ geschrieben und mich bemüht, die dahinter stehenden rhetorischen Verrenkungen herauszufiltern. Matthias Matussek hatte sich damals mit einem Text in der WELT zum Vorkämpfer dieser neuen Bewegung gemacht. (Siehe: “Homophobie für alle!” – Ein Volksbildungskurs mit Matthias Matussek“

Oberflächlich betrachtet könnte man sagen, dass das, was Matussek da losgetreten hat, eine Debatte ist. Aber es wurde keine Debatte, sondern eine sogenannte „notwendige Debatte“, was so ziemlich das Gegenteil ist.  Die „notwendige Debatte“ wird immer dann ausgerufen, wenn jemand mit besonders abstrusem Irrsinn provozieren möchte. Und wenn diese Provokation sich durch eine Undiskutierbarkeit auszeichnet, die als Basis für eine erfolgreiche Talkshow als besonders hilfreich gilt.

Aber das wurde hier und anderswo schon geschrieben, immer wieder. Es macht keinen Spass. Mir nicht, und ich kann auch verstehen, dass es einige Leser nervt, wenn hier immer wieder „Achtung Homophobie!“ gerufen wird. Zumal es doch viel mehr Spass macht, sich die Soap Opera anzuschauen, mit der die Berliner CSDs gerade das Publikum unterhalten.

Doch wir sind nicht zum Spass hier. Unsere Gegner, die neuen Homophobiker, sind sich nicht zu schade, immer wieder den gleichen Blödsinn zu behaupten, um aus ihren Opfern Täter zu machen, vor denen man sie beschützen muss.

Und deswegen dürfen wir uns nicht zu schade sein, dem immer wieder zu widersprechen. Wir dürfen nicht darauf vertrauen, das sich das irgendwann abnützt, dass die Leute erkennen, dass Blödsinn Blödsinn ist. Ignorieren ist leider keine Option. Nein, wir müssen Lüge nennen, was Lüge ist, auch wenn wir das schon tausendmal getan haben.

Also rein ins Getümmel. Aktuell ist es Henryk M. Broder, der das Manifest der Neuen Homophobiker  in leicht variierter Form aufsagt. Warum die „alten weissen Männer“ (O-Ton Broder) immer glauben, müssen zu müssen, habe ich im Lexikon der Homophobie/„Denkverbote“ beschrieben.  

Doch im Vergleich ist Broders verbaler Harndrang besonders spektakulär:

Während Bela Anda meint, dass er „den Auftritt einer Dragqueen mit Bart jetzt schon gut finden MUSS“,  Matthias Matussek denkt, dass man ihm vorschreiben will, was er denken muss, versucht Broder noch ein bisschen weiter zu strahlen:

„Wer fragt, ob lesbische Paare Kinder bekommen sollten, wird umgehend von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes abgemahnt. „

Kühn ist dabei nicht seine Schlussfolgerung (dass eine Minderheit der Mehrheit ihre Interessen aufzwingt, sagen Matthias Matussek, Bela Anda zusammen mit vielen anderen im Prinzip auch),  sondern die Ausgangsthese, auf der Broder seine ganze Verfolgungswahnschrift aufgebaut hat:

“ (…) Dass es die „Antidiskriminierungsstelle“, einen Ableger des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, überhaupt gibt, bekam ich erst vor kurzem mit, nachdem ich irgendwo gelesen hatte, die Leiterin der ADS, Christine Lüders, habe anlässlich des Internationalen Tages gegen Homophobie und Transphobie vor einer „neuen Homophobie“ in Deutschland gewarnt. Die „Anzeichen dafür“, behauptete sie, seien „besorgniserregend – in allen Bereichen der Gesellschaft“. Allerdings nannte sie nur drei reichlich abgenutzte Beispiele, darunter den Essay einer Schriftstellerin, in dem diese unter anderem die Frage stellte, „ob lesbische Paare Kinder bekommen sollten„.

Ich finde eine solche Frage vollkommen legitim, ganz unabhängig davon, wie die Antwort ausfällt. Es ist wie überall im Leben: die einen sagen so, die anderen so. Vermutlich werden wir nie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wissen, ob ein Kind eine Mutter und einen Vater braucht oder auch mit zwei Müttern beziehungsweise zwei Vätern glücklich werden kann. Aber deswegen kann man die Frage, „ob lesbische Paare Kinder bekommen sollten“, nicht von vorneherein verbieten. (…)

Was soll man dazu sagen? Vielleicht erstmal: Es stimmt nicht.

Es stimmt nicht, dass es in dem von ihm gewählten Beispiel darum ging, „eine solche Frage“ von „vorneherein“ zu verbieten. Im Fokus der Kritik stand keine Frage, sondern eine Antwort.

In seiner eigenen Zeitung, der WELT wurde diese so zusammen gefasst:

„Die Büchner-Preisträgerin Sibylle Lewitscharoff verteufelt in einer Rede künstliche Befruchtung, die auf diese Weise gezeugten Kinder nennt sie ‚Halbwesen‘.

Wir sollten uns wirklich nicht von jemandem anpissen lassen, der nicht mal richtig zielen kann.

(Entschuldigen Sie die billige Argumentation, aber irgendetwas bleibt eben doch kleben. Ich würde mich auch lieber mit etwas anderem beschäftigen.) ♦

4 Gedanken zu „Broder/Anda/Matussek: Wenn alte Männer „Müssen“ müssen

  1. Werter Johannes Kram,

    die „neue Homophobie“ ist nichts anderes als der alte Haß – das sollten wir ganz offen sagen und das habe ich an anderer Stelle auch ganz offen getan.
    Und es sind nicht nur alte Männer – das ist Altersdiskriminierung; man ist mit 60 heutztage auch kein Greis.
    Es gibt genügend jüngere Menschen, die in diesen miesen Chor einstimmen: da ist z.B. Birgit Kelle, die sich den paradoxen Anschein einer „modernen Konservativen“ gibt – und nicht zu vergessen vor allem die „jüngeren“ Herrschaften aus den Reihen des Weissen Kreuzes, die jüngst an einem Kongreß zur Sexualethik in Kassel teilgenommmen haben.
    Sophia Kuby, die gerade mal 32jährige Tochter der berüchtigten Gabriele betreibt anti-homosexuelle Lobbyarbeit in Brüssel
    Auch die Bande, die sich in Christl Vonholdts Institut tummelt, gehört dazu; nicht zu vergessen die beiden Herrschaften aus der CDU und SPD, die sich in den letzten Tagen mit Ungeheuerlichkeiten an die Öffentlichkeit gewagt haben.
    Es handelt sich mitnichten um ewig gestrige alte Herren – es gälte einmal aufzuarbeiten, in wie weit sich z.B. amerikanische Evangelikale (auch hier nicht nur alte Herren) in die Gesetzgebungen diverser osteuropäischer Staaten einmischen Einiges ist ihnen bereits gelungen: so wurde die Man-Frau-Ehe gerade in der Slowakischen Verfassung festgeschrieben; dahinter stecken Anti-Homo-Organisationen, die mit Rechtsberatung und Bestechungsgeldern nun auch in Europa nach dem Vorbild zentralafrikanischer „Erfolge“ (angedrohte Todestrafe, lebenslange Freiheitsstrafen) agieren.
    So läßt sich Frau Kuby z.B. von so einer Organisation juristisch vertreten.
    Die Enkelin von Le Pen war jüngst als Abgesandte von Mutter und Großvater auf einem Treffen russischer Oligarchen mit europäischen Rechten in Wien, wo debattiert wurde, wie man mit westeuropäischen Nationalisten zusammenarbeiten könnte; dabei wurde ganz offen von Homosexuellen gesprochen wie seinerzeit über die Juden bei der Wannseekonferenz: als Sündenböcke, als Objekte, auf die man die Wut der Kleinbürger und Depravierten lenken kann, um sukzessive die Macht zu übernehmen.
    Es geht also um weit mehr als nölende alte Männer…

  2. @G.

    Pervers, primitiv und minderwertig ist nur der Schreibdurchfall, den Sie uns hier vorsetzen. Schon lange habe ich nicht mehr soviel dummes Zeug in so wenig Sätzen gelesen. Eine Plage für das gesellschaftliche Miteinander sind doch frustrierte Gestalten wie Sie, die mal lieber vor ihrer eigenen Haustür kehren sollten, anstatt die Umwelt mit ihrem geistigen Dünnpfiff zu vergiften. Wie wäre es, wenn Sie und Ihresgleichen sich einfach mal zusammentun und eine Art „homophobes Disneyland“ gründen würden, in dem sie dann alle zusammen bis ans Ende ihrer erbarmungswürdigen Existenz leben können – abgeschottet vom Rest der bösen Welt!

    „Jeder Mensch ist von Natur aus heterosexuell.“
    Selten so gelacht. Sie scheinen nicht sehr belesen zu sein.

    „Eine Welt ohne Homosexualität wäre eine bessere Welt!“
    Eine Welt ohne Leute wie Sie wohl eher. Gute Besserung!

  3. Ich würde mich abseits der krankhaft menschenverachtenden Begleit-Erscheinungen in den Aussagen solcher Homo-Kritiker gern einmal mit den Argumenten befassen, die zu einem solchen rückständigen Weltbild samt der Verkennung der Wirklichkeit führen, bzw. die Sicht auf die wirkliche Situation vernageln.

    Wenn meine Vermutung falsch sein sollte, dass diese Kommentatoren an Religion, bzw. dem Eklektizismus eines gewählt reduzierten Horizonts erkrankt sind, bitte ich um eine fundierte Berichtigung.

    Es scheint mir ferner, dass eine ganze Menge erwachsener Menschen an Aufklärung und einem vollständigen Bewusstsein um die Alterismen in der Natur vorbei leben. So könnte auch von einer profunden Erkenntnis-Resistenz gesprochen werden. Den Ausdruck ‚geistige Behinderung‘ möchte ich für die Persönlichkeiten von Homo-Kritikern vorerst nicht gebrauchen, auch wenn es eine gewisse Retardierungsneigung aufweist, wenn man in so engstirnigen Sphären zuhause ist, wie manche, die hier ihre Hass-Droppings absondern.

  4. Pingback: » Gegen „Vincent“-Song und Conchita Wurst: Das deutsche Traumpaar der HomophobieIch hab ja nichts gegen Schwule, aber

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