Einschüchterung und Angst: Die gespenstische Gerichtsshow von Hedwig von Beverfoerde

Die gute Nachricht zuerst:

„Das Landgericht Berlin hat die in der vergangenen Woche erlassene Einstweilige Verfügung von Frau von Beverfoerde aufgehoben, mit der der Schaubühne untersagt worden ist, auf der Bühne des Stückes „FEAR“ von Falk Richter deren Bild zu zeigen.

Einen ähnlich gerichteten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung der AfD-Politikerin Beatrix von Storch hat das Gericht zurückgewiesen.“

Soweit die Pressemitteilung des Rechtsanwaltes Johannes Eisenberg (der die Schaubühne gegen die beiden Adelsdamen vertreten hatte) über das Urteil zugunsten der Kunstfreiheit.

Doch so richtig beruhigend ist das nicht. Denn heute Morgen hat sich in einem bisher beispiellosen Gerichtsschauspiel gezeigt, mit welchen Methoden die neue rechte Bewegung mit Hilfe einiger Medien mittlerweise bereit und fähig ist, das freiheitliche kulturelle Grundverständnis unseres Rechtsstaates zu attackieren.

Bei der Auseinadersetzung ging es den Antragstellerinnen offensichtlich nur in zweiter Linie darum, einen juristischen Sieg zu erringen.

Sie nutzen das Verfahren als Teil einer massiven Desinformations- und Mobilisierungskampagne, die nicht einmal davor zurückschreckte, dem Autor und Regisseur des Stückes Gewaltverherrlichung zu unterstellen, und diesen mutmaßlich dadurch selbst zum Gegenstand von Morddrohungen zu machen. Denn während die Damen von Beverfoerde und von Storch dem Stück öffentlich immer wieder einen Gewaltaufruf unterstellten (und sogar einen Zusammenhang zwischen zwei Brandanschlägen und der „Fear“-Premiere konstruierten) versuchten sie vor Gericht erst gar nicht der Aussage des Richters zu widersprechen, dass das Stück selbstverständlich nicht zu Gewalt aufrufe.

Falk Richter BildKann man ja mal versuchen, mögen sich von Beverfoerde und von Storch gedacht haben. Falk Richter jedenfalls darf nun z.B. mit der auf der BILD-Titelseite millionenfach verbreiteten Unterstellung leben,  in seinem Stück hieße es, man „müsse“ Beatrice von Storch „in den Kopf schießen.“ Und mit den Reaktionen derer, die das nicht so lustig finden und den Autor seitdem öffentlich und in dirketer Post mit Verleundungen und Schlimmerem auf die Pelle rücken.

Doch nicht nur notorisch aufgeregte Blätter wie  BILD und Focus (die ganze Geschichte hier) hatten die Brand-Propaganda der AfD- und „Demo für alle“-Protagonistinnen bereitwillig übernommen. Auch im Deutschland Radio Kultur durfte der Moderator Christopher Ricke in einem Interview mit dem Regisseur nach dem Gerichtsverfahren noch einmal genau den Zusammenhang behaupten, der dort eben gerade erst als haltlos bezeichnet wurde:

„Sie müssen sich mit Morddrohungen auseinandersetzen, und auf der anderen Seite von der AfD-Politikerin Beatrice von Storch da wird das Auto angezündet.“

Die Neuen Rechten müssen sich also gar nicht vor Gericht durchsetzen, um zu gewinnen. Sie setzen nicht auf das Recht. Sondern auf Einschüchterung und Angst. Und darauf, dass es immer wieder Journalisten gibt, die dabei mitspielen. Die unbeirrte Dreistigkeit, mit der sie sich dabei von Täter- zu OpferInnen inszenieren, war der gespenstische Höhepunkt der heutigen Gerichtsverhandlung. So hatte Frau von Beverfoerde argumentiert, dass sie die Verwedung ihres Bildes im Stück schon deshalb nicht hinzunehmen habe, da sie keine öffentliche Person sei.

Das ist aus zwei Gründen abenteuerlich:

Erstens ist sie durch ihre unzähligen Medien- und Demoauftritte natürlich das Gegenteil einer nicht-öffentlichen Person. Und zweitens sind die im Stück verwendeten Fotos eben nicht privat,  sondern zeigen sie bei genau den öffentlichen Auftritten, bei denen sie die homophoben und rechtspopulistischen  Thesen zum Besten gibt, die im Theaterstück verhandelt werden. Und was macht Beverfoerde? Sie wechselt einfach die Argumentationsebene. Und begibt sich auf eine Umlaufbahn, auf der sogar ihrem Anwalt allen Anschein nach schwindelig geworden ist: Ihre Medienpräsenz, so sagt sie, habe nicht damit zu tun, dass sie die Medien suche, sondern, dass sie diese zu ihrer Verteidigung nutzen müsse. Zu ihrer Verteidigung! Homophobie als Zwangsneurose. Das ist das Problem von Frau von Beverfoerde. Das ist die Angst einer Frau, die nichts dabei findet, einen Schwulen auf ihrer „Demo für alle“-Bühne zu präsentieren um sich von den versammelten Homo-Hassern für sein Keuscheitsgelübte beklatschen zu lassen.

Vor Gericht beteuert sie heute, dass sie sich in ihrem Leben noch nie igendwie gegen Schwule geäußert habe. Das glaubt sie wirklich. Das nehme ich ihr ab.

Und das macht mir, ja: Angst.

Fear: Ein Stück von Falk Richter. Wieder am 8. Januar in der Schaubühne. Wieder mit Bildern von Beatrix von Storch und Hedwig von Beverfoerde. Immerhin.♦

Hier die Besprechung von „Fear“ im Nollendorfblog.

„Fear“: Focus übt sich als Handlanger von AfD und „Demo für alle

12 Gedanken zu „Einschüchterung und Angst: Die gespenstische Gerichtsshow von Hedwig von Beverfoerde

  1. Erst vor wenigen Tagen hat Beverfoerde wissen lassen: Toleranz – Hinnehmen eines Übels….
    Nein, sie ist nicht homophob, das ist völlig irrationaler Haß.
    Und Ja – auch dieses juristische Trauerspiel ist Teil einer Kampagne…

    Alice Miller hat in ihrem Buch „Wege des Lebens“/Ffurt.Main 1998 genau beschrieben wie „Haß“ entsteht und funktioniert…wie er bei Beverfoerde entstanden ist, ist nebensächlich…wie sie ihn aber zum Funktionieren bringt, ist wichtig…
    Obwohl die Nazis den bereits vorhandenen Antisemitismus aufgriffen, brauchten sie allerdings noch einiges an perfider Taktik, um ihn noch virulenter werden zu lassen, wie Miller schreibt: die Juden mußten entmenschlicht werden. Also setzte man Lügen und Verleumdungen in die Welt, Verschwörungstheorien…da war dann alles dabei: der rituelle Kindermord, angebliche Vergewaltigungen durch Juden oder auch – wie in dem Hetzfilm „Der wige Jude“ – die Behauptung, Juden würden Krankheiten verbreiten, ja selbst eine Krankheit sein…
    Die Kombattanten von Hedwig von Beverfoerde (allen voran Gabriele Kuby) werden nicht müde, Homosexuellen ähnliches zu unterstellen – Kuby behauptet gar, Homosexuelle machten sich über Aufklärung in den Schulen, sexuelle Liberalisierungen und „Gender-Mainstreaming“ recht eigentlich an die Kinder heran…
    Der salzburger Weihbischof Laun (wie viele andere aus diesen Kreisen auch) werden nicht müde zu erzählen, Homosexuelle verbreiteten Krankheiten und würden aufgrund des Analverkehrs (denn den meinen sie) auch etliche Jahre früher sterben als andere; Laun freut es immer wieder besonders zu behaupten, Homosexuelle litten häufiger an Darmkrankheiten und Inkontinenz. Hinweise darauf, daß Homosexuelle durch ihre „Darmkrankheiten“ u.a. versicherungstechnisch die Allgemeinheit belasteten gehören auch dazu.
    Da sind die Lügen von Almut Rosebrock aus dem Umfeld Beverfoerde (Rosebrock betreibt die Gemeinschafft „Familien-Schutz.de“), Homosexuelle seien zumeist drogensüchtig und ließen ihre Wohnungen verlottern, nur noch eine grteske Marginalie…
    Vor allem geht es diesen Leute also darum, zu verunsichern, Schmutz zu erfinden und in die Welt zu setzen, in der Hoffnung, irgendwas bliebe schon hängen…
    Daß nun Beverfoerde ihren „keuschen Homosexuellen“, einen durch ihre Christlichkeit gebrochenen jungen Mann wie ein dressiertes Äffchen im Zirkus (oder bei Kafka) vorführt, ist bereits das zweite Stadium ihres Verleumdungskampfes…
    Sie will zeigen: Aha, es geht ja doch, die können sich ändern oder sind wenigstens sauber und keusch…
    Das dritte Stadium wird in politischen Forderungen bestehen: Zwangstherapien, bei Zuwiderhandlung, Kriminalisierung und Strafe…
    Da das alles aber nicht funktionieren wird, werden Homosexuelle, nein, wird die „internationale Homolobby“ zur höchsten gesellschaftlichen Gefahr stilisiert (man lese nur Kubys Machwerk von der „globalen sexuellen Revolution“) – es ist das gleiche „Rezept“ wie weiland die Beschwörung der „internationalen jüdischen Plutokraten“ in den erfundenen „Protokollen der Weisen von Zion“.

    Was wollen also die Beverfoerde und ihre „Freundinnen?“ – eine gesellschaftliche Gruppe zu Menschen zweiter Klasse verdammen, abwerten und es ermöglichen, sie zu disziplinieren, zu verfolgen und schließlich zu vernichten… Natürlich wollen sie im Endeffekt Umerziehungslager!

    Es hat keinen Zweck, noch immer mit diesen Leuten zu diskutieren, die Homosexuelle vernichten wollen – das ist keine Hysterie, denn was sie wollen, sind Heere von Schwulen, die so durch Leben tapern wie ihr „Marcel“ – und wenn das nicht klappen sollte, bietet die deutsche Vergangenheit mörderische Lösungen genug.

    http://diekolumnisten.de/2015/10/17/ein-bericht-fuer-die-demo-fuer-alle/

    http://www.theeuropean.de/wolfgang-brosche/10091-offener-brief-an-die-initiative-familienschutz

  2. „OpferInnen“ ist nicht euer Ernst, oder?
    Neutraler als „DAS Opfer“ kann ein Wort doch kaum sein, wieso muss man das auch noch gendern?

  3. Jungs, wenn nach diesem Artikel ein fälschlich gegendertes Wort Euer größtes Problem darstellt, herzlichen Glückwunsch, Euch geht’s gut.

    Vielen Dank für diesen sehr guten Artikel!

  4. „Was wollen also die Beverfoerde und ihre „Freundinnen?“ – eine gesellschaftliche Gruppe zu Menschen zweiter Klasse verdammen, abwerten und es ermöglichen, sie zu disziplinieren, zu verfolgen und schließlich zu vernichten… Natürlich wollen sie im Endeffekt Umerziehungslager!“

    Man sollte darüber nachdenken, was die geballte Linke will. Es könnte einem Angst und Bange
    werden. Welches Vergehens hat sich Frau Beverfoerde schuldig gemacht, wenn Sie sich für das
    (wie lange noch) grundgesetzliche Recht von Ehe und Familie engagiert? In jeder Rede betont Sie, dass Sie nichts gegen homosexuelle hat, aber das reicht der Linken nicht. Wer heute nicht ein glühender Fan ist, ist sofort in der rechten Ecke. Kenne ich alles schon, habe ich bis 1989 erleben müssen.

  5. @Matthias Uhlmann

    „Welches Vergehens hat sich Frau Beverfoerde schuldig gemacht, wenn Sie sich für das
    (wie lange noch) grundgesetzliche Recht von Ehe und Familie engagiert?“

    Ich würde mich freuen, wenn sich Frau Beverfoerde für mein Grundrecht auf Ehe und Familie engagiere, doch tatsächlich bekämpft sie dies mit allen Mitteln. Niemand nimmt Heten etwas weg, wenn die Ehe (inkl. Volladoption) für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet wird. Alles was Heterosexist_innen wie Frau Beverfoerde verlieren, ist ihr abstoßendes Überlegenheitsgefühl, das sich nur über die Abwertung anderer konstruiert. Inzwischen sollte allen klar sein, dass verschiedengeschlechtliche Beziehungen nicht wertvoller bzw. schützenswerter sind, als andere Beziehungen. Wieso also Sonderrechte für Heten?

    „In jeder Rede betont Sie, dass Sie nichts gegen homosexuelle hat, aber das reicht der Linken nicht.“

    Es ist völlig stulle was sie sagt, wenn sie im gleichen Atemzug Beziehungen und Menschengruppen unterteilt in höher- und minderwertig. Es mag einfache Gemüter geben, die den Doublebind nicht sehen (wollen) und ihr glauben. Denkende Menschen erkennen sie jedoch als die Nebelkerzenwerferin die sie ist, und messen Menschen an ihren Taten und nicht ihren Worten. Übrigens hat das Eintreten für die Eheöffnung nicht zwangsläufig etwas mit links oder rechts zu tun, sondern mit Wertschätzung, Empathie und Gerechtigkeit gegenüber anderen Menschen. All diese drei Eigenschaften vermisse ich bei Leuten wie Frau Beverfoerde.

  6. Selten einen größeren Unfug gesehen und gelesen, als das was der Kommentar selbst und die Kommentare zum besten geben.

    Der Angriff auf die persönliche Würde gegen Frau von Beverfoerde und andere ist unerträglich. Da wird auf Menschen losgegangen, losgegangen auf einer staatlichen Bühne, wie es schlimmer kaum sein gang.

    Im übrigen kann jeder seine sexuellen Vorlieben leben und ausleben wie er will. Noch immer aber gilt die Maxime, die schon den alten Griechen Leitfaden war. Gleiches gleich, Ungleiches ungleich, das ist Gerechtigkeit.

    Schwule Sexualität ist eben nicht nachhaltig. Ihr mangelt nicht eine, sondern vielleicht die essentielle Komponente der Sexualität, die Potenz (ich meine nicht den Mangel das Prachtstück zum Stehen zu bringen) zur Fortpflanzung.

    Ehe und Familie stehen (oder standen) unter dem besonderen Schutz der Gesellschaft, weil eben die Leistung der heterosexuellen Paare für den Fortbestand der Gesellschaft unabdinglich ist. Doch heute ist alles andere.

    Um es nochmals direkt und ohne Umschweife auszudrücken: Schwule Sexualität ist eine kastrierte Sexualität.

  7. Mit „sterile Sexualität“ wäre ich einverstanden. Kastriert ist was anderes.

  8. „Die Neuen Rechten müssen sich also gar nicht vor Gericht durchsetzen, um zu gewinnen. Sie setzen nicht auf das Recht. Sondern auf Einschüchterung und Angst. Und darauf, dass es immer wieder Journalisten gibt, die dabei mitspielen. Die unbeirrte Dreistigkeit, mit der sie sich dabei von Täter- zu OpferInnen inszenieren, war der gespenstische Höhepunkt der heutigen Gerichtsverhandlung.“

    Was gibt es denn gegen eine ordentliche Gerichtsverhandlung einzuwenden? Jeder hat das Recht, sich gegen vermeintliches Unrecht zur Wehr zu setzten – sonst werden wir zum Unrechtsstaat.

    „Einschüchterung und Angst“ verbreiten eher Millionen ins Land gekommene Fremde, die übrigens ebenso unsere Gerichte des öfteren beanspruchen.

    „Journalisten“…“, die dabei mitspielen“ gibt es ja nun überall im Land – egal bei welchen Themen – Sie hätten da wohl bei den Themen gerne eine Ihnen passende Auslese!

    „Die unbeirrte Dreistigkeit, mit der sie sich dabei von Täter- zu OpferInnen inszenieren“ das ist so haarsträubend, dass einem übel wird:
    Wenn sich in unserem Lande Menschen permanent als Opfer inszenieren, dann sind das überwiegend eingewanderte Straftäter.

    Was Sie hier abliefern ist menschenverachtend und Sie treffen Ihre ganz persönliche „Auslese“, was die Meinungsvielfalt im Lande angeht. Eine Meinungsvielfalt, welche Sie gerne beschränken würden. Wer darauf reinfällt, der hat die Zukunft nicht anders verdient.

    Es gibt übrigens Länder, da ergeht es Homosexuellen, anders als in Deutschland, wirklich übel. Ein Theaterstück darüber wäre sehr aktuell und könnte mit viel realistischem „Aktionsmaterial“ darstellend umgesetzt werden.

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