EON-Manipulationen beim Diversity-Index: Nach heftiger Kritik fordert Uhlala nun Belege aller DAX-Konzerne

EON-Chef Johannes Teyssen: Wegen den eklatanten Falschaussagen seines Konzerns müssen nun alle DAX-Firmen ihr LGBTIQ-Engagement belegen.

(Foto: Christian Kruppa, Creative Commons Lizenz)

 

Nachdem dieser Blog vorgestern die Manipulation des „Dax 30 LGBT+ Diversity Index“ durch den Energiekonzern EON bekannt machte  und die Bemühungen des Index-Veranstalters Uhlala, diese möglichst geräuschlos und ohne nennenswerte Konsequenzen geradezubügeln, war das Entsetzen in der Community groß.

Axel Hochrein,  Bundessprecher des Deutschen Lesben- und Schwulenverbandes kommentierte auf Facebook:

Lassen wir uns kein E(on) für ein P(inkwashing) vormachen.

und schloss sich der hier gestern im Blog geäußerten Forderung an:

„Der Diversitäts-Index gehört, zumindest in dieser Form, abgeschafft. Schnell.“

Der renommierte LGBTI-Diversity Coach und Experte Muriel Aichberger schrieb (ebenfalls auf Facebook):

Das ist schon wirklich ein Skandal, (…). Es kann in Zukunft nur darum gehen, normierte, professionelle, hochwertige, ehrliche Audits und Zertifizierungen zu entwickeln, die nicht nur frisierte Selbstdarstellungen kolportieren, sondern als tatsächliche Orientierungshilfe für Arbeitnehmer*innen dienen und echte Anreize für Unternehmen schaffen, sich für LGBT*I- Diversity einzusetzen.

Jörg Litwinschuh Barthel, geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Markus Hirschfeld forderte:

Eine Kontrolle der Antworten ist in einer solchen Befragung – zumindest stichprobenartig – unabdingbar.

Das Magazin Mannschaft schrieb: „Zweifel am LGBTIQ-Index“, Männer*Aktuell fragte „Werden die Auskünfte überhaupt überprüft?“

Denn das hatte niemand kritisiert. Die Interessenkollision liegt ganz woanders und selbst wenn diese im konkreten Fall nicht vorhanden ist, hätte sich Uhalala dem Anschein entgegentreten müssen, den Index als ein Akquise-Instrument zu benutzen. Was an der ganzen Situation so sensibel war, hatte Daniel Deitermann auf Facebook erklärt:

Das Problem scheint mir darin zu liegen, dass es beim verarscht werden immer einen Verarscher geben muss. Und ganz offensichtlich scheut man sich bei Uhlala noch immer davor, EON mehr als ein kleinen Whupsi zu unterstellen.

Warum ist das wohl so?
Für den Außenstehenden sieht es sehr danach aus, dass man sich hier einen großen Kunden nicht verprellen will. Die Stellungnahme betont zwar, dass die Konzerne für das Ranking nichts bezahlen, verschweigt aber, dass Uhlala Geschäftsmodell darin besteht, den Unternehmen „Events, Workshops, Trainings, Audits, Zertifizierung, Öffentlichkeitsarbeit und Consulting“ zu verkaufen. Da wäre es ja ganz schön blöd, wenn man einem potentiellen Großkunden auf die Füße tritt, der genau diese Dienstleistungen gerade sehr gut gebrauchen könnte, um den PR-Schlamassel wieder gerade zu biegen.
Ob das der wirklich Grund ist? Keine Ahnung.
Aber es mieft nach Deckung des pot. Kunden zum Schutz der wirtschaftlichen Eigeninteressen. Und das disqualifiziert dann nicht mehr nur EON, sondern das ganze Ranking, was ein Jammer wäre.

Zusätzlich suggerierte Uhlala in der Erklärung, EON hätte ja auch versehentlich behauptet haben können, sie hätte ein queeres Diversity-Statement, obwohl es ein solches nicht gibt:

Wir als UHLALA Group können nicht beurteilen,warum und wie es zu den falschen Angaben durch E.ON kam, ob es ein Missverständnis war oder eine bewusste “Manipulation”.Aus diesem Grund möchten wir uns nicht an Spekulationen dazu beteiligen.

Bei Uhlala hat offensichtlich niemand bemerkt, welche fatalen Schlussfolgerungen diese offensichtliche Schutzbehauptung hat, bedeutet diese doch, dass die Kategorien des Index so missverständlich formuliert sein müssen, dass solche fatalen Falschangaben plausibel sind.

Spätestens mit ihrem Statement hatten Uhlala den eigenen Diversity Index selbst vernichtet.

Leider benötigte es wohl der ganzen Proteste, bis sich Uhlala dann gestern doch noch für entschloss zu versuchen, den Diversity Index auf seriöse Beine zu stellen. Endlich formulierten sie eine Pressemitteilung, in der sie die Falschaussagen von EON benannten.

Und sie kündigten an, dass nun alle Angaben überprüft werden sollen:

Aufgrund fehlerhafter Angaben  durch E.ON bei der Beantwortung der Fragen zum DAX 30 LGBT+ Diversity Index tritt die UHLALA Group erneut an alle teilnehmenden DAX-Unternehmen heran, um Belege bezüglich der Angaben einzufordern.

 Ob dies funktioniert, was ich hoffe, bleibt abzuwarten. In seiner jetzigen Form ist der Index eine Farce.

Die Pressemitteilung ist in den deutschen Wirtschaftsmedien bisher noch ohne jede Wirkung. Ausgerechnet EON, also das deutsche  DAX-Unternehmen mit offensichtlich den meisten Problemen, sich zu einer wirklichen LGBTI-unterstützenden Haltung durchzuringen, wird dort als immer eines der Top Ten queer-freundlichsten DAX-Konzerne gepriesen. Der Pinkwashing-Schaden, den Uhlala mit seiner großen PR-Aktion in eigener Sache verursacht hat, ist immens.

Die Community darf erwarten, dass Uhlala sich nun aktiv daran beteiligt, diesen Schaden zu beseitigen.


Hier der ursprüngliche Blog zum Thema:

Nollendorfblog-Verdacht bestätigt: „Diversity-Index“ muss nach EON-Falschangaben korrigiert werden


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 Mehr zum Thema hier im Blog:

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