Homo-Politik in Russland: Es lebe die Revolution!

Es geht um Olympia, um große Worte. Deswegen gleich am Anfang schon mal etwas Pathos:

Ein neuer Geist geht um. Das, was da im Protest gegen die russissche Homo-Politik zusammenwächst,  ist das erste Stück einer neuen Zeit.

Na ja, mal sehen. Aber die Diskurse über Homo-Themen, die wir noch vor wenigen Wochen geführt haben führen mussten, erscheinen jetzt  schon wie ein fast vergessener Alptraum. Die Zombies der Debatte haben sich selbst versenkt. Ich kann selbst kaum glauben, dass ich nicht mehr  jede Diskussion über Homo-Rechte damit beginnen muss, Leuten, die sich für gebildet und aufgeklärt halten, den Unterschied zwischen Zeitgeist und Geschichte zu erklären.

Ja, ich weiss: Das Problem der Homosexuellen-Feindlichkeit ist  nicht vom Tisch. Die Gleichstellung der Ehe in Deutschland und anderswo bedeutet nicht das Ende der Diskriminierung. Es wird nicht unbedingt einfacher, vielleicht sogar schwieriger werden, Homosexuellenfeindlichkeit zu benennen und zu bekämpfen.

Trotzdem ist das, was da gerade passiert, eine kleine „russische Revolution“. Eine, die nicht in, sondern wegen Russland entsteht. Es ist ein Paradigmenwechsel innerhalb der westlichen Welt, die gerade verstehen lernt, dass ihre Werte nicht durch die Homosexuellen angegriffen werden, sondern durch die, die diese angreifen. Aus einer Entwicklung der kleinen Schritte ist eine gewaltige Wucht geworden und es sieht so aus, dass sie sich nicht so einfach bremsen lässt sondern immer stärker wird und wie eine Lawine ihren Weg bahnen wird.

In der Physik gibt es das Phänomen des Paramagnetismus. Ganz, ganz einfach gesagt: Dadurch, dass sich einzelne vorher ungeordnete Magnetfelder parallel zu einander stellen, verstärkt sich das gesamte äußere Magnetfeld.

Das erste dieser Spannungsfelder lässt sich kurz mit „Putin Schock“ beschreiben, das zweite ist die nahende Olympiade in Sotschi und das dritte umfasst den Elan eines des homo-politsch entscheidenden Jahres 2013. Das Jahr, in dem sich die Anzahl der Menschen auf der Welt in Regionen mit  gesetzlich geregelter „Homo-Ehe“ im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln wird.

Zunächst der „Putin-Schock“: Es gibt viele Staaten, in denen schlimmere Gesetze gegen Homosexuelle als in Russalnd gelten. Aber trotz aller Unterschiede ist keiner von ihnen den Menschen, die in liberalen Gesellschaftssystemen leben, wirtschaftlich und kulturell so nah. Nirgendwo wirkt die Entwicklung so bizarr und willkürlich wie in diesem Land, das sich noch vor zehn Jahren mit einer offen lesbischen Band beim Eurovision Song Contest der Welt präsentierte. Die russische Form der Homosexuellen-Verfolgung erzeugt vor allem deshalb eine so große Wut, weil sich Empörung mit Fassungslosigkeit mischt. Fassungslosigkeit darüber, wie dreist diese Politik begründet und wie brutal sie umgesetzt wird.

Was Putin macht, ist nicht nur böse, es ist auch obszön. Es entspricht zudem genau dem Horror-Szenario, vor dem schwul-lesbische Aktivisten immer gewarnt haben, wenn sie gegen die Verharmlosung von Homosexuellenfeindlichkeit auch in unserer Kultur gestritten haben: Die Gefahr eines Roll-Backs auch in den „entwickelteren“ Gesellschaften, die Brüchigkeit einer Toleranz, die nicht von Respekt begründet ist.

Der Schock wirkt: Menschen, die noch vor wenigen Wochen so getan haben, als hätte Homo-Politik nichts mit Menschenrechten zu tun, werden nachdenklich oder passen zumindest auf, was sie sagen. Selbst die Katholische Kirche frisst Kreide und ist wohl ganz froh, dass Benedikt gerade noch rechtzeitig von der Hauptbühne verschwunden ist. Gerade noch rechtzeitig, bevor eine breite Öffentlichkeit bemerkt hätte, dass er, Benedikt, der verbissenste Vorkämpfer der „Homosexualität = Propaganda“ –These ist, auf denen die russische Gesetzeslogik basiert und dass diese nichts anderes kann als Hass. (Benedikt wäre es sogar zuzutrauen gewesen, dass er sich – zwar verschwurbelt wie immer aber dennoch erkennbar – an die Seite Putins gestellt hätte, ja er hätte es fast müssen, erstens, weil die russische Politik die Konsequenz dessen ist, was er selbst immer gefordert hatte und zweitens, weil er dafür gekämpft hatte, dass solche Gesetze möglich sein müssen.)

Der „Putin-Schock“ hat dazu geführt, dass die Diskussion über die gesellschaftliche Emanzipation Homosexueller auf einer ganz anderen, viel grundsätzlicheren Ebene stattfindet. Man muss zugeben: Was die „Bewegung“ nicht geschafft hat, Putin ist es gelungen! Aber schon so manche Empörung und mancher engagierte Diskurs über politische Zumutungen ist dann irgendwann im Sande verlaufen. Doch dafür stehen die Sterne schlecht, beziehungsweise gut:

Durch die  anstehende Winter-Olympiade in Sotschi ergibt sich eine Dramaturgie, die prädestiniert dafür ist, Wut, Empörung und Diskurs in konstruktive Meinungsbildung, gesellschaftliche Bewegung und politisches Handeln zu überführen. Alleine die Zeitspanne bis zu den Spielen (nicht zu bald und nicht zu lange hin) beflügelt das Gefühl, nicht nur etwas gegen die Zustände tun zu müssen, sondern es auch zu können. (Die Veranstaltergruppe der Demonstration am 31. August in Berlin setzt sich nicht aus den „üblichen Verdächtigen“ zusammen, sondern ist spontan aus einem Freundeskreis heraus entstanden für den Demos und Homo-Politik bisher eher fremd waren). Das führt zu einer Erwartungshaltung, vor der sich keiner wegducken kann. Nicht die Politik, die Verbände, die Sponsoren, nicht die Sportler.

Genau hier liegt der Unterschied zu anderen vermeintlich vergleichbaren Ereignissen, etwa der Olympiade in Peking 2008. Den meisten Menschen in westlich geprägten Ländern waren damals nicht nur die Reissäcke in China ziemlich egal,  die „Lage“ dort stellte sich als  – sagen wir mal vorsichtig- eher komplex dar, während sie in Russland auch für Nichtzeitungsleser von nicht zu überbietender Eindeutigkeit ist. Anders als in China (wenn auch nur zaghaft) verläuft die Entwicklung in Russland nicht in Richtung Liberalisierung sondern umgekehrt. So ist die Situation vor diesen Olympischen Spiele von einer bisher unbekannten Stimmung geprägt: Die meisten Menschen erleben zum ersten Mal, dass ein Staat, der auch von unseren eigenen Politikern als Demokratie bezeichnet wird, Menschen wie Du und ich zum Abschuss frei gibt.

Auch die Situation der Sportler hat es so noch nicht gegeben. Man sollte die Athleten die (egal ob hetero, trans lesbische oder schwul) unverschuldet in eine groteske Situation geraten sind, nicht zusätzlich unter Druck setzten. Ich glaube, man braucht es auch nicht. Wie sie sich gegenüber den Reglementierungen verhalten werden, wird dieses Mal nicht eine Frage abstrakter politischer Bekenntnisse sein, sondern eine der persönlicher Integrität. Wenn die Funktionäre denken, dass sie die Sportler mit ihrer Macht des Faktischen disziplinieren zu können, könnten sie sich irren. Bei Olympia werden Helden geboren. Für deren Strahlkraft  ist persönliche Integrität oft genau so wichtig  wie der sportlicher Erfolg.

Trotzdem bauen nicht nur Russland sondern offensichtlich auch die nationalen und internationalen Sportverbände darauf, dass es am Ende so sein wird „wie immer“, dass die Proteste rechtzeitig vor den Spielen abebben und es dann nur noch um den Sport geht. Doch „wie immer“ gibt es nicht.

Nicht nur der Großteil der Zuschauer der Spiele sondern auch der der Athleten lebt in einer Welt, die sich in den letzten Jahren rasant entgegengesetzt zu Russland entwickelt hat: Als sich Russland  2005 für die Austragung der Winterspiele 2014 beworben hatte, war die gesellschaftliche und politische Gleichstellung Homosexueller, das was sie für weite Teile der deutschen Bundesregierung heute noch ist: Das Problem einer schrillen Minderheit. Damals hatten nur Belgien, die Niederlande und einige kanadische Provinzen die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften freigestellt, Gebiete, in denen zusammengerechnet ca. 50 Millionen Menschen leben, was ungefähr einem Drittel der Einwohnerzahl Russlands entspricht. Jetzt, wenige Monate vor Sotschi hat sich diese Zahl verzehnfacht: Über eine halbe Milliarde Menschen leben in Staaten oder Provinzen, in denen die Homo-Ehe erlaubt ist. All diese Gesellschaften haben hart mit sich gerungen aber am Ende mehrheitlich eine historische Entscheidung getroffen, die im Olympia-Bewerbungsjahr 2005 noch undenkbar erschien. Es ein riesiger Knoten, der an verschiedenen Stellen der Welt gleichzeitig geplatzt ist und zwar ausgerechnet zwischen „Putin Schock“ und Sotschi. Eine echte Energiewende, die am deutlichsten mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA für die landesweite Möglichkeit der „Homo-Ehe“ markiert wurde. Der SPIEGEL spricht von einem  „Megatrend im Westen“ :

Mehrere Länder haben ihre Gesetze im vergangenen Halbjahr geändert, etwa Frankreich, das die „Ehe für alle“ im Mai trotz massiven Protests von Konservativen eingeführt hat. Auch drei US-Bundesstaaten sowie Neuseeland und Uruguay stoßen 2013 neu dazu. Der größte Brocken ist aber Brasilien mit seinen über 190 Millionen Einwohnern – zwar könnte eine entsprechende Entscheidung des Nationalen Justizrates vom Mai womöglich noch angefochten werden, sie ist allerdings bereits in Kraft.

Die Dynamik der „Bewegung“, als die sich die Olympischen Spiele verstehen, wirkt im Vergleich zu der der Entwicklung der internationalen Gleichstellung Homosexueller wie ein trockener Furz. 

Ach so: Man muss mich nicht darauf hinweisen, dass ich von Physik im Allgemeinen und Paramagnetismus im Besonderen keine Ahnung habe. Keine Angst, ich bin nicht übergeschnappt. Mir ging es nicht darum, eine naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeit zu beschreiben,  die für irgendeine revolutionstheoretische Wahrheit taugt. Ich habe nur versucht ein,  ein Bild zu finden, das helfen kann,  die gegenwärtige Situation zu veranschaulichen und damit die Kraft, die in ihr liegt. Ich muss zugeben: Es ist ein schiefes Bild.  Soweit ich das verstanden habe, ist das mit dem Paramagnetismus ein Phänomen auf Zeit: Mit steigender Temperatur nimmt die Kraft des Magnetismus ab.

Eine Revolution ist kein Selbstläufer.

 

7 Gedanken zu „Homo-Politik in Russland: Es lebe die Revolution!

  1. Super Text, ausnahmsweise nichts zu meckern, selbst das Bild mit diesem Magnetengedöns ist großartig und macht den Kern der Aussage anschaulich begreifbar.

  2. Ich stimme in allem zu – nur, daß die katholische Kirche oder auch die Evangelikalen z.B. in den USA Kreide gefressen hätten, sehe ich keineswegs. Der aktuelle Papst ist zwar nicht so wahnsinnig auf Homosexuelle fixiert wie sein Vorgänger – man muß aber nur mal die entsprechenden katholischen Medien allein in Deutschland durchsehen: der Wahn von der schwulen Weltverschwörung, der internationalen Homolobby hält an.
    Und man lese vor allem die Postings der Kommentatoren, die mit nicht mehr nur klammhimlicher Freude den Vorgängen in Rußland applaudieren.
    Die immer stärkere Sichtbarwerdung Homosexueller Menschen im Alltag zieht unweigerlich auch einen Rollback nach sich: Demonstrationen in Frankreich; in Deutschland muß die Regierung zu Gesetzesänderungen vom Verfassungsgericht getrieben werden die Wühlarbeit der katholischen Kirche hält unvermindert an…
    Es ist ja geradezu die katholische Kirche, die vor bald 2000 Jahren eine „verbindliche Sexualmoral“ erfunden hat – und die hat die Gesetzgebung und das Verhalten der Menschen über Jahrhunderte geprägt; die Abspaltungen der Catholica, die Orthodoxie, der Protestantismus und die nicht zu unterschätzenden Einflüsse auf den Islam (der sich zu großen Teil an ihr orientiert und gleichzeitig ältere arabische Kulte kopiert) ist nicht zu unterschätzen.
    In Rußland wird ganz deutlich, daß die Oligarchen eine Minderheit brauchen, auf die sie bei allen Problemen verweisen können; in Frankreich übrigens jaulten viele Demonstrationsteilnehmer:“Wir bauchen keine Homoehe, sondern ARbeitsplätze!“ Wie einmal Juden können nun Homosexuelle für Krisen, politische Mißstände etc. verantwortlich gemacht werden.
    Das Praktische für diese Menschenhasser ist aber etwas ganz Perfides: man kann Minderheiten wie die Juden, die Sinta und Roma ja tatsächlich vernichten – die Nazis haben es vorgemacht!
    Aber Homosexuelle gibt es in jeder Generation wieder neu! So entsteht für jene Menschenhasser stets eine neue Projektionsfläche.
    Der Kampf in/um Rußland ist tatsächlich mehr als bloß der Kampf der menschenverachtenden Mehrheit gegen eine Minderheit – hier geht es um etwas Prinzipielles: wie lange wollen wir uns noch von Denkstrukturen beherrschen lassen, die Menschen ausgrenzen, in Gut und Böse einteilen, die Schuld und Unschuld für alle Ewigkeit festlegen und behaupten, sie seien eine unumstößliche Wahrheit.
    Das sind per se religiöse Prinzipien, die die Dummheit und Menschenverachtung rechtfertigen. Und religiös meint jede ideologische Überhöhung von Einzelnen, Gruppen oder Glaubensgemeinschaften!

  3. @ Wolfgang:
    ich meine mit „Kreide fressen“ ja nicht, dass die Kirche harmlos ist, sondern, dass sie harmlos tut.
    Minderheiten als Prellbock sind ein soziologisches Phänomen, dass es immer geben wird. Und es wird auch immer die geben, die dieses Phänomen für sich nutzen. Was ich nur an der aktuellen Situation so spannend finde, ist, dass noch vor wenigen Monaten Unions- und Kirchenleute in den deutschen Talkshows gesessen haben und so getan haben, als sei man zur Homesexualität verführbar, also genau so argumentiert haben wie Putin. Ich glaube, das ist heute so nicht mehr möglich.

  4. @johannes kram

    Bester Johannes,

    wie schon gesagt, ich stimme in allem zu – nur glaube ich nicht, daß die „Erfinder der Sexualität“ (siehe Foucault – denn vor dem Christentum hat es einfach nur Sexuelles gegeben, erst das Christentum begann, mit haarkleinen Unterscheidungen – dazu empfehle ich Deschners „Das Kreuz mit der Kirche“ – Menschen in recht und unrecht, gut und schlecht einzuteilen aufgrund ihrer sexuellen Präferenzen – da gibt es z.B. den Fragenkatalg in der Beichte, der sich versteigen kann bis „Hast du Sex mit einem Astloch getrieben?“ – beginnt auch die eigentliche Geschichte der Sexualität und Homosexualität) nicht von ihrem Wahn über gute und böse Sexualität lassen können.
    Vielleicht (und das meine ich gar nicht ironisch) ist man im multisexuellen Berlin viel weiter als woanders – in diesem Blog ist ja bereits thematisiert worden, daß bei Anne Will oder Frank Plasberg vor wenigen Monaten noch immer Figuren auftreten konnten, die noch immer an die Verführungsthese glauben. Noch immer werden die bösartigen Gleichsetzungen von Pädophilie und Homosexualität verbreitet – erst in den letzten Tagen war soetwas auf der Internetseite von „Katholisches“ zu lesen, das einmal der gerühmte David Berger zu verantworten hatte – der sich jetzt Saulus/Paulus verhält wie Albert Speer in Nürnberg und danach…
    Und man lese mal bitte nicht nur die Postings zum Rußland-Thema auf den Seiten der üblichen Verdächtigen (wie z.B. kath-net), sondern auch bei SPON oder der ZEIT. Volkes Stimme!
    Natürlich gebärden sich in Rußland die entsprechenden Politiker und die orthodoxen Vertreter wie salve veniam die Wildsäue. Ich aber ich erlebe – in einer mittleren Großstadt lebend – den „Kreidefresser“ keineswegs…
    Es wird z.B. in Deutschland und Österreich von zahlreichen katholischen und evangelikalen Organisationen mit härtester Konsequenz gegen Sexualkundeunterricht in den Schulen gekämpft, weil dort Homosexualität als gleichrangig dargestellt wird. In Österreich und auch hier haben diese Schwulenhasser jüngst noch Erfolge erzielt, da Ministerien Unterrichtsmittel zum Thema wieder einziehen mußten aufgrund von Gerichtsbeschlüssen.
    Während sie in Deutschland weniger Gehör für ihre bösartigen Thesen zur angeblichen Homoverführung Jugendlicher findet, verbeitet z.B. Gabriele Kuby (die regelmäßig durch Talkshows tingelt/ebenso wie Martin Lohmann oder Birgit Kelle) in letzter Zeit in Polen ihre Lügen, weil auch dort die Liberalisierung diverser Paragraphen ansteht (kann man sich bei youtube ansehen – einfach Kuby und Polen eingeben).
    Kuby und andere sind dabei Großdemos wie in Frankreich – wo sie sich höchstselbst informiert hat – zu organisieren.
    Und ganz abgesehen von den den religiösen Hetzern – man schaue sich nur das Gewinsel der Sportorganisationen wg. Olympia / Boykott in Rußland an. Da werden den Athleten selbst die kleinen Gesten wie die in den Regenbogenfarben lackierten Fingernägel verboten; es geht doch nur um Schwule, die sollen mal das Maul halten, da sie schon so viele Rechte haben!
    Wir im Westen haben uns in den letzten Jahren zu sehr um die „Homoehe“ gesorgt, angeblich als letzte zu stürmende Bastion und dabei übersehen, daß der Schwulenhaß bewußt von Religionen gesät wird (auch und gerade in den islamischen Staaten) – natürlich wird damit von Staatsverbrechen und Staatsversagen abgelenkt – oder in diesem Land u.a. auch von dem massenhaften Kindesmißbrauch in der katholischen Kirche, der längst von der Agenda verschwunden ist.
    Aber was kann man erwarten, wenn sich Menschen zum NSA-Überwachungswahn und den kooperierenden deutschen Politikern nur noch mit dem Satz äußern: Ich verstehe die Aufregung nicht, ich hab doch nichts zu verbergen!
    Ja, das Positive ist, daß es eben doch noch ein paar Menschen gibt die wissen, daß es mit den Schwulen anfangen mag, aber nicht enden wird mit der Versagung der Menschenrechte.
    Ich glaube leider auch, daß die russischen Gesetze nur der Anfang sind: so sind ja auch die Juden nicht sofort ins KZ gesteckt worden – systematisch wurden sie durch immer schärfere Gesetze „entmenschlicht“; erst durften sie nicht mehr auf den Bänken im Stadtpark sitzen, dann verglich sie Reichsfilmintendant im Machwerk „Der ewige Jude“ mit Ratten, dann mußten sie den gelben Stern tragen – und dann dachte sich der Durchschnittsbüger: muß ja doch das dran sein, was die Nazis so über die Juden sagen.
    Es dauerte ein paar böse Jahre, bis es zur Internierung, zum Abtransport und zum KZ kam – von dem die meisten wußten – aber es waren Jahre der vorbereitenden Entmenschlichung durch Gesetze. Ich bin mir nicht sicher, daß die Deutschen, käme es soweit, sich anders verhalten würden als vor 75 Jahren. Die russische Seele ist ja auch nicht groß und weit, wie das Klischee sagt, sondern eng und unmenschlich.

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