Erklärung zum transphoben Martenstein-Tweet der „Zeit“-Redaktion: „Trans“ ist kein Gefühl!

Vorschaufoto :  „ZEIT magazin“-Kolumnist Harald Martenstein by (c) Lumu Creative Commons Lizenz, geschnitten

Ein Gastbeitrag von Jonas Recker Nach der Veröffentlichung von Johannes‘ Beitrag zur Martenstein-Kolumne im ZEIT magazin und bei ZEIT online entspann sich unter anderem bei Facebook eine Diskussion darüber, was denn an dem Tweet der ZEIT-Redaktion (bzw. der in der Kolumne zitierten transfeindlichen Ursprungsaussage) eigentlich so schlimm sei. Genauer, worin denn die angebliche Transfeindlichkeit bestehe. Zur Erinnerung, es geht um folgenden Tweet:
„Eine Frau die sich als Mann fühlt, darf offiziell ein Mann werden. Aber warum darf dann ein 69-Jähriger, der sich wie 49 fühlt, nicht offiziell 49 werden, fragt sich #Martenstein.“
Ich bin trans. Ich erlebe am eigenen Leib was es bedeutet, wenn Menschen denken mein Geschlecht sei ein Gefühl. Gefühle, so will es die landläufige Meinung, können schließlich täuschen. Gefühle müssen geprüft werden. Gefühle können sich ändern. Gefühle sind keine verlässliche Grundlage dafür, weitreichende und lebensverändernde Entscheidungen zu treffen. Anders als der Tweet suggeriert gilt für die meisten trans Personen, dass sie immer schon Mann oder Frau waren – oder, im Fall nichtbinärer Geschlechter, weder (ausschließlich) das eine noch das andere. Ich bin nicht Mann geworden, ich war es schon immer. Nur dass mein Wort, dass dem tatsächlich so ist nichts gilt bei den Krankenkassen, Mediziner*innen, Gutachter*innen und Richter*innen – bei denjenigen also, die darüber befinden dürfen ob ich in meinem richtigen Geschlecht ein halbwegs normales Leben führen darf. Einen trans Mann als Frau zu bezeichnen, die sich „als Mann fühlt“ ist transfeindlich – egal, ob die Aussage aus Unwissenheit gemacht wird oder in der bewussten Absicht, jemanden zu verletzen. Unabhängig von der Intention schadet diese Aussage trans Personen, denn sie ruft einen Diskurs auf der besagt, dass trans Personen ihr eigenes Geschlecht nicht zuverlässig selbst kennen können und dass sie sich demzufolge einem demütigenden, stigmatisierendem und entmündigenden Verfahren der psychologischen Begutachtung unterziehen müssen und einem immerwiederkehrenden Zwang, das eigene Geschlecht beweisen zu müssen, ausgesetzt sind. Denn subjektiven Gefühlen kann man schließlich nicht trauen. Indem die ZEIT-Redaktion – wie schon so oft und wider besseren Wissens – diese Aussage unhinterfragt und unkommentiert reproduziert und sich zu eigen macht, wie Johannes betont, stützt sie letztlich ein System, das trans Personen stigmatisiert und entmündigt und das ist Transfeindlichkeit. Und zwar nicht nur gefühlt. ♦ Wir brauchen Deine Hilfe! Das Nollendorfblog bleibt werbefrei und unabhängig durch die freiwillige Unterstützung seiner Leserinnen und Leser.
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Hier der Blogbeitrag, auf den sich dieser Text bezieht:
Die schrecklich-nette Homophobie der „Zeit“

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